Einer der drei Heizkessel des Wärmeverbunds Kägiswil, mit 350 kW Leistung ausgelegt für den Sommerbetrieb. Der Elektroabscheider des Schweizer Herstellers Meisterfilter (links) entfernt den Feinstaub aus dem Abgas – wenn er denn betrieben wird. ©Bild: BV

Überwachungsdisplay eines Heizkessels in Kägiswil: Mit der Verbrennung von Holzschnitzeln wird Wasser auf ca. 83 °C erhitzt und den Haushalten und Firmen für gut 10 Rp./kWh (exkl. Grundgebühr und MWST) zur Verfügung gestellt. ©Bild: BV

Die Grafik zeigt die Verfügbarkeit der sieben untersuchten Elektroabscheider in den beiden Heizperioden 2012/13 und 2013/14. ©Bild: Verenum

Diese Grafik zeigt die Abhängigkeit der Verfügbarkeit von der Tagesheizlast. Zu sehen ist, dass nur bei zwei von sieben Anlagen die Verfügbarkeit bei sinkender Tagesheizlast abnimmt. ©Bild: Verenum

Feinstaubabscheider für Holzheizanlagen: Nicht nur sauber, sondern rein

(©BV/ETH) Eine Schattenseite von Holzheizungen für die CO2-neutrale Beheizung ist der Feinstaub. Mit Elektroabscheidern können die Kleinstpartikel zwar wirksam aus dem Abgas gefiltert werden – allerdings nur, wenn die Staubabscheider zuverlässig betrieben werden. Dies ist heute nicht immer der Fall, wie eine neue Untersuchung zeigt.

Der Elektroabscheider entfernt den Feinstaub zuverlässig aus dem Abgas – wenn er in Betrieb ist. Das ist zwar meist, aber nicht immer der Fall, wie Betriebsleiter Edi von Wyl erklärt: „Wir versuchen Schäden so schnell wie möglich zu beheben. Aber wenn ein Abscheider an einem Sonntag eine Störung hat, dann reicht es doch, wenn der Monteur erst am Montag kommt, um den Schaden zu beheben.“ Die Folge: Da die Heizanlage rund um die Uhr läuft, entweicht während Stunden ungereinigtes Abgas. Während dieser Zeit wird der Grenzwert der Luftreinhalte-Verordnung (LRV), der für Anlagen über 500 kW, zu denen mit 2200 kW auch jene von Kägiswil gehört, verletzt. Denn der Grenzwert (20 mg/m3) wird nur eingehalten, wenn der Elektroabscheider in Betrieb ist.

Sieben Anlagen überprüft
Genau dies ist aber nicht immer der Fall, so der Befund einer Studie, die das Ingenieurbüro Verenum im Auftrag des Bundesamts für Energie durchgeführt hat. Die Wissenschaftler untersuchten sieben grosse Holzfeuerungen in den Heizperioden 2012/13 und 2013/14. Die Anlagen stammen von drei verschiedenen Feuerungsherstellern. Darin sind Elektroabscheider (Rohrabscheider oder Plattenabscheider) von vier Lieferanten verbaut. „Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass der Betrieb der Elektroabscheider zum Teil Lücken aufweist. Wir haben Anlagen gesehen, da ist der Abscheider einen Monat nicht gelaufen“, stellt Adrian Lauber fest, der die Untersuchungen durchgeführt hat. Der ausgebildete Maschineningenieur FH kann sich auf diesen Mangel durchaus einen Reim machen: „Die Betriebsleiter sind interessiert, dass ihre Heizung läuft und die Wärmeversorgung damit sichergestellt ist. Ob die Elektroabscheider dauernd in Betrieb sind, ist für sie zweitrangig und auch nicht immer sofort erkennbar, weshalb eine Überwachung dieser Geräte erforderlich ist.“

Verschiedene Ursachen führen zu der eingeschränkten Verfügbarkeit der Elektroabscheider. Ein wichtiger Grund, wie die Untersuchung zeigt, liegt bei der Betriebsweise. So beheben die Betreiber Schäden an den Abscheidern nicht immer umgehend, und teilweise bleiben Funktionsstörungen sogar unbemerkt. Die eingeschränkte Wirksamkeit der Abgasreinigungssysteme hat aber auch technische Gründe. Wird eine Holzfeuerung angefahren, springt der Elektroabscheider meist erst mit Verzögerung nach Erreichen einer Minimaltemperatur des Abgases an. So lassen sich Korrosionsschäden durch Feuchtigkeit vermeiden. Die Verzögerung kann eine halbe Stunde und mehr betragen kann, wie Lauber beobachtet hat: „Im Extremfall wird der Elektroabscheider erst eingeschaltet, wenn die Feuerung bereits wieder abgeschaltet ist.“ Denn Holzheizungen sind oft nur phasenweise in Betrieb; in der Zwischenzeit werden nur soviel Holzschnitzel zugeführt, dass das Glutbett erhalten bleibt ('Glutbettunterhaltbetrieb').

Saubere Anlagen dank kurzer Ausfallzeit der Abscheider
Wer die Wirksamkeit von Elektroabscheidern optimieren will, muss also betriebliche wie technische Umstände berücksichtigen. Nur so kann eine Holzheizanlage wirklich sauber betrieben werden. Doch wann arbeitet eine Holzheizung eigentlich 'sauber'? Welches ist der Messwert, den zum Beispiel ein Lufthygieneamt für die Beurteilung heranziehen kann? Adrian Lauber und seine Forscherkollegen hatten in einem ersten Anlauf versucht, dafür die Gesamtmenge an Feinstaub abzuschätzen, die eine Anlage trotz eingebautem Elektroabscheider über ein Jahr an die Umwelt abgibt. Auf dieser Grundlage hätte sich dann ein zulässiger Maximalwert für 'saubere' Holzheizungen definieren lassen. Doch diese Methode erwies sich als Sackgasse. Denn mit dem Ansatz hätten über das Jahr 'schmutzige' Betriebsphasen (Elektroabscheider inaktiv) mit 'sauberen' Betriebsphasen (Elektroabscheider aktiv) verrechnet werden können. Dies aber steht in Konflikt mit der Luftreinhalte-Verordnung. Zu gross die Gefahr, dass der LRV-Grenzwert durch 'Optimierung' des Betriebs über längere Zeit hätte überschritten werden können.

Maximale Ausfallzeit
So haben sich die Forscher auf eine Methode zurückbesonnen, die heute teilweise schon zur Anwendung gelangt. Hierbei wird eine maximale Ausfallzeit für den Elektroabscheider während des Heizbetriebs festgelegt. So darf nach einer Vorgabe im Kanton Zürich der Elektroabscheider während maximal 5 % des Heizbetriebs ausfallen. Der Kanton Graubünden limitiert diese Ausfallzeit sogar auf maximal 3 % des Heizbetriebs. Andere Kantone machen hier keine Vorgaben. Je kürzer die Ausfallzeit, desto höher die Verfügbarkeit während des Heizbetriebs. Und je höher die Verfügbarkeit, desto konsequenter werden die LRV-Grenzwerte eingehalten. Die kantonalen Grenzwerte haben allerdings den Makel, dass sie nicht auf einer einheitlichen Definition für die Berechnung von Ausfallzeiten beruhen.

Verfügbarkeit von über 90 % sind erreichbar
Damit alle Betreiber von grossen Holzheizungen gleich lange Spiesse haben, liegt es nahe, landesweit für die Mindestverfügbarkeit von Elektroabscheidern einen einheitlichen Wert (oder zumindest eine Bandbreite) zu definieren. Adrian Lauber und seine Forscherkollegen gaben sich im September 2014 bei der Präsentation ihrer Forschungsresultate am Holzenergie-Symposium an der ETH Zürich überzeugt, dass hohe Verfügbarkeiten erreichbar sind: „Auf der Basis der neu definierten Kriterien wird davon ausgegangen, dass gut betriebene Anlagen eine entsprechend definierte Verfügbarkeit von über 90 % erzielen können. Bei Ausschöpfung des Optimierungspotenzials ist sogar eine Verfügbarkeit von 95 % erreichbar, auch wenn dies für bestehende Anlagen nur vereinzelt möglich ist.“ Voraussetzung dafür ist unter anderem die Einrichtung eines Kontrollsystems, das erlaubt, die Betriebszeiten von Feuerung und Elektroabscheider zu erfassen und zu kontrollieren.

Auflagen gefährden Rentabilität
Edi von Wyl verfolgt diese Entwicklung bisher noch mit Skepsis. Zwar findet der Betriebsleiter des Wärmeverbunds Kägiswil den Einsatz von Feinstaubabscheidern grundsätzlich eine „vernünftige Sache“. Doch er fürchtet, mit zu strengen Auflagen bei der Nachrüstung könne die Anlage nicht mehr rentabel betrieben werden. In Heizzentrale und Fernwärmenetz flossen rund 4,8 Mio. Fr. und die sollen jetzt binnen 20 Jahren abgeschrieben werden. „Wir müssen darauf achten, dass sich der Betrieb einer solchen Anlage überhaupt noch lohnt“, sagt er. Die Massnahmen rund um die Elektroabscheider stehen also in einem Spannungsfeld zwischen Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit. Aus diesem Grund verwendet die von Verenum im Auftrag des BFE entwickelte Methode zur Anlagenüberwachung Daten aus der Steuerung, was kostengünstig umsetzbar ist. Mit der Anlagenüberwachung soll künftig sichergestellt werden, dass die Elektroabscheider nicht nur gut abscheiden, sondern auch dauernd in Betrieb sind.

Hinweise für Branchenstandard
Die definitiven Ergebnisse des BFE-Forschungsprojekts dürften den kantonalen Lufthygieneämtern wichtige Hinweise für den Umgang mit der Feinstaubbelastung durch grössere Holzheizungen geben. Die Resultate könnten aber auch in den Branchenstandard 'QM Holzheizwerke' einfliessen. Dieser 1998 geschaffene Qualitätsstandard enthält Richtlinien für Planung und Auslegung grösserer Holzheizungsanlagen. Für Anlagen, die von Bund und Kantonen subventioniert werden, ist dieser Standard verpflichtend.

Weitere Auskünfte zu dem Projekt erteilt Daniel Binggeli (daniel.binggeli@bfe.admin.ch), interimistischer Leiter des BFE-Forschungsprogramms Holzenergie.



Grosse Holzheizanlagen reduzieren Feinstaub
(©BV) „Als unsere Holzheizanlage hier in Kägiswil realisiert wurde, konnten alte Öfen herausgerissen werden, von denen einer mehr Feinstaub herausgelassen hat als heute unsere gesamte Anlage“, sagt Edi von Wyl, Betriebsleiter des Wärmeverbunds Kägiswil. Tatsächlich bringen grosse automatische Holzfeuerungen einen markanten Fortschritt bei der Vermeidung von Feinstaub. Seit 2008 müssen diese Anlagen nämlich mit einem Elektroabscheider ausgerüstet werden, anders als Kleinfeuerungen, die dadurch wesentlich höhere Emissionen verursachen.

„Heute geht es darum, die Wirkung der Elektroabscheider zu optimieren, damit die Feinstaubabscheider nicht unnötigerweise mehr als 10 % ausser Betrieb sind“, betont Prof. Thomas Nussbaumer, Inhaber des Ingenieurbüros Verenum. Die Schweiz hat in diesem Bereich mit der faktischen Pflicht zum Einbau von Elektroabscheidern eine Vorreiterrolle übernommen. Feinstaubabscheider für Holzheizungen von mehr als 500 kW Leistung sind weltweit noch kein Standard und kommen sonst nur in einigen EU-Ländern zum Einsatz.



Störungen sicher erkennen, Abscheider regelmässig warten
(©BV) Das Ingenieurbüro Verenum hat auf der Grundlage seiner Untersuchung Empfehlungen für den Betrieb von Elektroabscheidern erarbeitet. Sie wurden anlässlich des Holzenergie-Symposiums vom 12. September 2014 an der ETH Zürich veröffentlicht.

  • Um eine hohe Verfügbarkeit der Elektroabscheider sicherzustellen, muss eine sichere Störungserkennung mit umgehender Reparatur gewährleistet sein. Zudem ist eine regelmässige Wartung vorteilhaft.
  • Im Betrieb kann eine hohe Verfügbarkeit erreicht werden, wenn die Betriebstemperatur des Elektroabscheiders permanent hoch bleibt oder die Einschalttemperatur nach dem Anfahren der Feuerung schnell erreicht wird. Eine gute Wärmedämmung des Elektroabscheiders und der Leitungen zwischen Kessel und Elektroabscheider ist deshalb wichtig.
  • Eine grosse Anzahl von Anfahrvorgängen wirkt sich nicht zwingend negativ auf die Verfügbarkeit der Elektroabscheider aus. Ob eine Reduzierung der Zahl der Anfahrvorgänge anzustreben ist, muss mit Blick auf die konkrete Anlage entschieden werden.
  • Eine minimale Heizlast wurde von [QM-Holzheizwerke 2009] definiert, um einen unproblematischen Schwachlastbetrieb zu ermöglichen. Die Verenum-Untersuchung bestätigt, dass dies zu einem vorteilhaften Anlagenbetrieb mit hoher Verfügbarkeit der Elektroabscheider beitragen kann.

 



Text: ©Benedikt Vogel (ETH Zürich), im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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1 Kommentare

RS

Zu beachten ist der Artikel der ETHZ www.iac.ethz.ch_staff_krieger_pdf_Gruppe_Feinstaub_Bericht betreffend Feinstaub und Gesundheitsbelastung. Die Lunge nimmt Partikel bis zu einem Durchmesser von 1 μm in den Lungenbläschen auf. Die Problematik liegt einerseits beim Betriebsunterbruch der Elektroabscheider und andererseits bei den vielen kleinen Heizungsanlagen (Einfamilienhäuser), die von der LRV nicht erfasst werden und deren Staubpartikel mit einem Durchmesser von 0.5 µm und kleiner in den Häusern durch alle Ritzen herumschweben und sich ablagern, eben auch in der Lunge. Dies betrifft z.B. Häuser, welche von Öl auf Holzheizung umgerüstet wurden. Diese werden für diesen Staubpartikelbefall normalerweise nicht umgerüstet.

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