Der Trinationale Atomschutzverband (TRAS) und das deutsche Öko-Institut haben eine Studie zu Untersuchung möglicher Folgen eines schweren Unfalls in einem schweizerischen Kernkraftwerk auf die Trinkwasserversorgung veröffentlicht. ©Bild: TRAS

Öko-Institut: Szenarien für Kernkraftwerksunfall in der Schweiz

(Öko-Institut) Bei einem schweren Unfall in einem der drei Schweizer Kernkraftwerke kann das Wasser der Flüsse Aare und Rhein über Monate hinaus nicht als Trinkwasser genutzt werden. Sowohl Schweizer als auch deutsche Städte müssten die Trinkwassergewinnung aus ihnen sofort einstellen. Dies ist ein zentrales Ergebnis einer aktuellen Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Trinationalen Atomschutzverbandes (TRAS) mit Sitz in Basel.


Aufgabe der Studie war es, die möglichen Folgen eines Unfalls in einem der drei Kernkraftwerke (KKW) Leibstadt, Beznau und Gösgen auf die Trinkwasserversorgung in der Schweiz zu beschreiben.

Fukushima in der Schweiz?
Grundlage der Studie war die Annahme, dass auch die Kernkraftwerke in der Schweiz Extremereignissen aussetzt sein könnten, die über ihre Auslegung hinausgehen. Bei einem ernsten Unfall mit Ausfall der Kühlsysteme kann es erforderlich sein, von aussen Kühlwasser ins Reaktorinnere (und in die Lagerbecken mit Brennelementen) einzubringen, um eine Kernschmelze abzuwenden. Kommt es zu Leckagen nach aussen, so kann das kontaminierte Kühlwasser danach vor allem in die Flüsse Aare und Rhein abfliessen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts untersuchten, welche Folgen eine Freisetzung von radioaktiven Stoffen hätte, die jener Menge entspricht, die aus einem der Reaktorblöcke des KKW Fukushima während der Katastrophe von 2011 entwich. Sie rechneten diese auf Schweizer Verhältnisse, entsprechend des im jeweiligen KKW enthaltenen Inventars an Radionukliden, um.

Gefährdung des Trinkwassers …
Das Fazit der Experten und Expertinnen: Bei einem Fukushima-ähnlichen Ereignis in der Schweiz würde hochkontaminiertes Kühlwasser direkt in die Aare bzw. den Rhein oder ins Grundwasser gelangen. Die ausgespülten Radionuklide würden im Fluss zwar verdünnt, die Konzentration bliebe jedoch immer noch sehr hoch und das daraus gewonnene Trinkwasser wäre über viele Monate hinweg in einem gesundheitsschädigenden Ausmass belastet.

Für Städte an den Flüssen hätte ein solches Szenario erhebliche negative Auswirkungen: In Aarau könnte bei einem Unfall im KKW Gösgen die Konzentration auf bis zu 58’000 Becquerel radioaktives Strontium pro Liter Aare-Wasser ansteigen. In Basel würde ein Unfall im KKW Leibstadt zu einer Konzentration von 6'600 Becquerel pro Liter Rheinwasser führen. Der in der Schweiz festgelegte Toleranzwert liegt derzeit bei 1 Becquerel pro Liter. Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung müssten umgehend ergriffen werden, sind jedoch in den heutigen Notfallplänen noch nicht vorgesehen.

… des Grundwassers und der Luft
Auch das Grundwasser könnte langfristig kontaminiert werden, wenn es durch Flusswasser angereichert würde. Der zunächst als Filter wirksame Boden kann ebenfalls eine langfristige Quelle von Kontamination darstellen. Radionuklide, die durch Wind weitergetragen oder durch Regen ausgewaschen würden, könnten darüber hinaus zu hohen Flächenkontaminationen führen, die auch Seeoberflächen in grösseren Entfernungen betreffen können. Der Zürichsee ist dabei durch seine Nähe zu den Kernkraftwerken Beznau und Leibstadt stärker gefährdet als beispielsweise der Bodensee oder der Vierwaldstättersee. Er ist heute zu etwa 70 Prozent für die Wasserversorgung der Stadt Zürich verantwortlich.

Alte Kernkraftwerke in der Schweiz
Gerade ältere Kernkraftwerke sind gegen Extremereignisse deutlich schlechter ausgelegt als es die heutigen Anforderungen verlangen. Beznau I ist heute 45 Jahre alt und damit nicht nur der älteste Reaktor der Schweiz sondern auch ganz Europas. Gösgen hat ein Alter von 35, Leibstadt von 29 Jahren.

Weitere Informationen:


Text: Deutsches Öko-Institut

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