"Gewiss bringt die Einmalvergütung bis 30 kW Leistung Bewegung in den Solarstrommarkt und neue Leistung ans Netz. Die Energiewende schaffen wir aber nicht mit Kleinanlagen, sondern dafür brauchen wir dazu auch dringend Grossanlagen." Anita Niederhäusern

Solarstrom: Wer zahlt die Rechnung für tiefe Aufpreise?

(©AN) Die Energieversorger frohlocken mit niedrigen Aufpreisen für Solarstrom: Das Unternehmen Energie Thun bezeichnet seinen Strom mit einem Aufpreis von 19. Rp. als günstigsten in der gesamten Schweiz -der Preis gilt ab 1.1.2015. Dabei liegt CKW mit nur 9 Rp. Aufpreis weit darunter ( ab 1.1.2015). Günstiger Solarstrom ist grundsätzlich wünschenswert. Doch die tiefen Preise verlangen nach Aufklärung.

 
Gründe für niedrige Solarstrompreise gibt es viele:

- Zur Erinnerung: Zwischen 2009 und 2013 sanken die Anlagenpreise laut der von photovoltaikumfrage.de in Zusammenarbeit mit ee-news.ch durchgeführten Preisumfrage um durchschnittlich 68%. Energieversorger, die nicht am Aufbau der Solarstromproduktion in der Schweiz beteiligt waren und keine älteren, erheblich teureren Anlagen im Portfolio haben, brauchen diese auch nicht abzuschreiben und können niedrige Solarstromaufpreise anbieten.

- Energieversorger, die nur Grossanlagen bauen und weder auf Kleinanlagen noch auf ästhetisch schön integrierte Anlagen setzen, können tiefere Solarstrompreise anbieten.

- Energieversorger, die die massiven Strompreissenkungen auf dem europäischen Strommarkt nicht an die Kunden weitergeben, haben dementsprechend mehr Geld in der Kasse, um neue oder alte Solarstromanlagen rigoros abzuschreiben und mit niedrigen Solarstromaufpreisen die Nachfrage nach Solarstrom anzukurbeln.

- Energieversorger, die ihr ökologisches Image auffrischen möchten, können dies auch mit tiefen Solarstrompreisen erreichen. Dabei handelt es sich aber nicht um die effektiven Preise, sondern um Aktionen zu Werbezwecken.

- Einfamilienhausbesitzer oder Besitzer von grösseren Anlagen, die von den Energieversorgern fallen gelassen werden, verhökern ihren Solarstrom auf Online-Handelsplattformen. Ein paar Rappen pro Kilowattstunde im Sack ist für einige besser als gar kein Geld.

Gestehungskosten von Solarstrom aus grossen Solarstromanlagen – inklusive Gebühren – halten sich seit rund zwei Jahren knapp unter 20 Rp. pro Kilowattstunde. In diesem Bereich werden, auch dank der unter Druck geratenen Lastgangmessung, die für Anlagen über 30 kW obligatorisch ist, noch leichte Preisreduktionen möglich sein. Eine Studie von Ernst Basler + Partner sagt bei Grossanlagen in den nächsten beiden Jahren Kostensenkungen von je 2% voraus. Im Bereich unter 30 kW wird es mittelfristig aber kaum Preissenkungen geben, denn die Modulpreise bewegen sich seitwärts und nicht weiter abwärts.

Gesamtarbeitsvertrag und SUVA
Mehrkosten verursacht auch der neue Gesamtarbeitsvertrag für die Gebäudetechnikbranche, der seit dem 1. Februar 2014 in Kraft ist. Neu in den Geltungsbereich eingeschlossen sind nun mehr Solarinstallationen. Nun müssen massiv höhere Mitgliedsbeiträge bezahlt werden und die Anforderungen des GAV gelten nun für alle Solarinstallateure. Diese wurde aber bereits ohne GAV von den meisten eingehalten. Zudem steigen die Anforderungen der SUVA beim Bau von Solarstromanlagen. Auch das bedeutet Mehrkosten.

Nicht mit Kleinanlagen allein
Gewiss bringt die Einmalvergütung bis 30 kW Leistung Bewegung in den Solarstrommarkt und neue Leistung ans Netz. Die Energiewende schaffen wir aber nicht mit Kleinanlagen, sondern dafür brauchen wir auch dringend Grossanlagen. Diese wiederum werden von Energieversorgern und Investoren gebaut, die Investitionssicherheit benötigen. Sie werden nur dann investieren, wenn mit den neuen Anlagen eine vernünftige Rendite erzielt werden kann. Dies gilt für alle Technologien. So funktioniert die Marktwirtschaft.

Preissenkungen nicht weitergegeben
Europa, allen voran Deutschland, hat in den letzten Jahren massiv erneuerbare Leistung ans Netz gebracht und mit einer sogenannten Vorrang-Regelung dafür gesorgt, dass dieser Strom auch abgenommen werden muss. Gleichzeitig blieben jedoch die meisten Atom- und Kohlekraftwerke am Netz – eine verpflichtende gesetzliche Abschaltregelung für diese Kraftwerke wurde indessen nicht eingeführt. Zudem wurde der Markt mit zu günstigen CO2-Zertifikaten geschwemmt – auch eine Art der Kohlestromförderung. Daher herrscht im Moment ein Überangebot an Strom, so dass die Strompreise seit Einführung der KEV um mehr als 50% gesunken sind. Seltsamerweise steigen die Stromkosten in der Schweiz nächstes Jahr aber um durchschnittlich 5%. Was in Deutschland passiert ist, scheint sich in der Schweiz zu wiederholen: Die Preissenkungen an der Börse werden nicht an die Kleinkunden weitergegeben. Dies ist in der Schweiz noch gravierender, da die kleinen Stromkonsumenten noch immer nicht Ihren Stromversorger selbst wählen dürfen. Somit werden Grosskonsumenten auf Kosten der Kleinkonsumenten begünstigt.

Tiefe Solarstrompreise sind wünschenswert und erfreulich, sie vermitteln ein positives Bild von Solarstrom. Doch sie spiegeln nicht unbedingt die echten Kosten von Solarstrom wider; dies gilt es bei der Wahl des Solarstroms der Energieversorger zu bedenken. Zu den glaubhaftesten Anbietern gehören meist kleinere dezentrale Produzenten oder grosse Energieversorger, die die Energiewende von Anfang an mitgetragen haben.

©Text: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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