Entwurf für den Fraunhofer-Neubau von Ingenhoven Architekten aus Düsseldorf. ©Bild: Ingenhoven Architekten

Entwurf für den Fraunhofer-Neubau von HHS Architekten aus Kassel. ©Bild: HHS Architekten

Entwurf für den Fraunhofer-Neubau von Behnisch Architekten in Stuttgart. ©Bild: Behnisch Architekten

IWES: Preisträger im Architektenwettbewerb für Neubau ermittelt

(IWES) Der Architektenwettbewerb für den Neubau des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES ist entschieden. In der Preisgerichtssitzung am 7. Juli 2014 unter Vorsitz von Prof. Zvonko Turkali aus Frankfurt am Main wurden unter 18 Wettbewerbsbeiträgen 3 Preisträger und drei Anerkennungen bestimmt. Die Jury vergab den ersten Platz gleich zweimal an die Entwürfe des Büros HHS Architekten aus Kassel und Ingenhoven Architekten aus Düsseldorf. Der dritte Preis ging an Behnisch Architekten in Stuttgart.


Den erstplatzierten Entwurf von HHS Architekten aus Kassel charakterisiert das Preisgericht so: »Ausgehend von der Struktur des Bahnkörpers wird das neue Institutsgebäude konsequent als langgestreckter 4-5-geschossiger Riegel entlang der Ladestrasse konzipiert. Die Gebäudekörper werden durch unterschiedliche Materialitäten voneinander abgesetzt. Im Kontrast zum glasfaserbetonverkleideten Technikasockel erhebt sich der Büroriegel in Alu-Glasoptik. Insgesamt bietet der Entwurf eine überzeugende Lösung für die gestellte Aufgabe. Hier können die Arbeitsprozesse und Aktivitäten der Forschungseinrichtung auf stimulierende Weise sichtbar gemacht werden.«

Flacher dreigeschossiger Baukörper
Den ebenfalls erstplatzierten Entwurf von Ingenhoven Architekten aus Düsseldorf beschreibt die Jury wie folgt: »Ein flacher dreigeschossiger Baukörper wird parallel zu den Bahngleisen angeordnet und schiebt sich nach Westen angemessen in das Innere des Grundstückes zurück. Er schafft so einen gut proportionierten Vorplatz an der Ecke Joseph-Beuys-Strasse / Ladestrasse. Der flache, horizontale Baukörper bildet darüber hinaus formal ein elegantes Pendant zur vertikalen Hochhausscheibe des Arbeitsamtes. Die Leitwarte ist städtebaulich richtig an der südöstlichen Dachkante des Gebäudes gelegen und bietet interessante Blicke über das Stadtgebiet, was sehr begrüsst wird. Auch von aussen wird die Leitwarte als Erkennungsmerkmal des neuen Institutes wirken. Ihr Grundriss erlaubt für spätere Möblierungen und Szenarien eine hohe Flexibilität. Formal ist man im Inneren nicht unbedingt auf eine rechteckige Lösung festgelegt.«

Der dritte Platz ging an Behnisch Architekten in Stuttgart: »Der Entwurf ist charakterisiert durch einen polygonalen Baukörper, der sich von den vorhanden städtebaulichen Kanten löst. Der Haupteingang an der Ecke Ladestrasse / Joseph-Beuys-Strasse öffnet sich einladend dem aus der Innenstadt kommenden Besucher und präsentiert sich als angenehme Platzsituation. Die Realisierung der mehrfach gekanteten Glasüberdachung des Atriums stellt eine konstruktive Herausforderung dar; die Wirtschaftlichkeit wird in Frage gestellt.«

Anlass und Aufgabe des Wettbewerbs
Die Fraunhofer-Gesellschaft beabsichtigt, für das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES an seinem Standort Kassel einen Neubau zu errichten. »Das Projekt ist der Auftakt einer städtebaulichen Konversionsmassnahme, die die ehemaligen Bahnflächen nördlich des Kasseler Hauptbahnhofes zu einem attraktiven, innerstädtischen Gewerbe- und Dienstleistungsstandort entwickeln soll. Für das Projekt ist ein nicht-offener Realisierungswettbewerb nach RPW 2013 im Rahmen eines VOF-Verfahrens (1. Bauabschnitt / 2. Bauabschnitt lediglich als Systementwurf) mit vorangestelltem Teilnahmewettbewerb vorgesehen.«, erläutert Barbara Ettinger-Brinckmann, die mit ihrer ANP - Architektur- und Planungsgesellschaft mbH in Kassel für das Wettbewerbsmanagement zuständig ist. »Dem Wettbewerb schliesst sich notwendigerweise ein Verhandlungsverfahren an, bei dem die endgültige Entscheidung für den auszuführenden Entwurf unter den Preisträgern fällt.« Die Arbeiten der Wettbewerbsteilnehmer werden vom 16. bis 27. Juli 2014 im Kasseler Architektur Zentrum (KAZ) im Kulturbahnhof öffentlich ausgestellt. Öffnungszeiten: Mi. - Fr. 17 -20 Uhr und Sa. – So. 16 - 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Hochwertiges Gewerbegebiet
Oberbürgermeister Bertram Hilgen und Stadtbaurat Christof Nolda sind sich in ihrer Bewertung der ausgezeichneten Entwürfe einig: »Die Stadt Kassel wird mit dem Fraunhofer-Neubau gewinnen - sowohl in architektonischer als auch in städtebaulicher Hinsicht. Aus der langjährigen Brachfläche am Nordbahnhof wird ein hochwertiges Gewerbegebiet. Dieses verfügt mit seiner Nähe sowohl zur Innenstadt als auch zum Campus der Universität Kassel über ein grosses Entwicklungspotential«.

Innovative Werkhallen
»Der Neubau von wissenschaftlichen orientierten Arbeitsplätzen mit dieser überregionalen Bedeutung im direkten Umfeld der Innenstadt und die Anordnung von innovativen Werkhallen im gewerblichen Umfeld des Gewerbegebiets in Rothenditmold macht dieses Projekt zu einem Initial für die Stadtentwicklung. Es zeigt die Realität Kassels als Universitäts- und Wissenschaftsstadt. Sie zeigt aber auch Kassel als eine Stadt, die Raum für innovative Produktion bietet.«, so Nolda weiter.

Unterstützung der Stadt
Die Stadt Kassel hat das IWES bei der Findung geeigneter Standorte intensiv unterstützt und entwickelt nun das ehemalige Gelände nördlich des Hauptbahnhofs als Baugebiet. Derzeit werden auf dem gesamten Areal die alten Bahngleise und Gebäudereste zurückgebaut, Abwasser und Versorgungsleitungen verlegt und neue Erschliessungsstrassen gebaut. Über die Hälfte der Fläche hat die Fraunhofer-Gesellschaft erworben.

Gemeinsame Labor- und Testumgebung
Darüber hinaus engagieren sich die Stadt Kassel und das Fraunhofer IWES dafür, neben dem Fraunhofer-Neubau Forschungs- und Entwicklungspartner anzusiedeln und hierfür eine gemeinsame Labor- und Testumgebung aufzubauen. »Unser Ziel ist es, das gesamte Areal zu einem Energie-Campus auszubauen«, erklärt Prof. Dr. Clemens Hoffmann, Leiter des Fraunhofer IWES in Kassel. »Das neue Institutsgebäude wird eines der führenden deutschen Institute für Energiesystemtechnik, das die deutsche Energiewende mit gestaltet, beherbergen. Die derzeit noch kritischen technischen und energiewirtschaftlichen Problemstellungen des Energiewende-Geschehens haben intensive Bezüge zum Thema Bauen, d. h. zur Gestaltung eines zukünftigen Arbeits- und Lebensortes. Wir wollen deshalb die Chance nutzen, die gegenwärtigen Erkenntnisgegenstände aus der Arbeit unseres Institutes in dem grossen Vorhaben »Instituts-Neubau« in einer Zusammenarbeit zwischen Architektur und Energiesystemtechnik exemplarisch umzusetzen.«, fasst Hoffmann seine Erwartungshaltung zusammen.

Innovatives und nachhaltiges Energiekonzept
Daher sind für die Leiterin der Bauabteilung der Fraunhofer-Gesellschaft, Maria Müller, für ein zukünftiges Zentrum für Energiesystemtechnik neben den architektonischen selbstverständlich auch höchste Ansprüche an ein innovatives und nachhaltiges Energiekonzept von Bedeutung: »Ich freue mich über die vielen kreativen Entwürfe, die die Wettbewebsteilnehmer eingereicht haben. Die ausgewählten Preisträger bieten alle eine gute Option für die Realisierbarkeit einer geeigneten Forschungsinfrastruktur.«

Baubeginn 2016
Nach der konkreten Planung und Genehmigungsphase sowie der Ausführungsplanung wird ein Baubeginn Anfang 2016 angestrebt. Die Bauzeit wird mit drei Jahren veranschlagt. Der geplante Neubau mit einem Investitionsvolumen von 60 Mio. im ersten Bauabschnitt umfasst rund 7 900 m² Nutzfläche für Büros, Labore, Cafeteria und Infrastruktur und soll künftig rund 320 Mitarbeitern Platz bieten. Nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnittes wird die Zahl der Arbeiterplätze auf ca. 550 steigen. Die Finanzierung von Fraunhofer-Neubauten teilen sich üblicherweise das Sitzland des Fraunhofer-Instituts, in diesem Fall also das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und das Bundesforschungsministerium, das die Grundfinanzierung der Fraunhofer-Gesellschaft trägt.

Preisgericht:
Armand Grüntuch, Architekt, Berlin | Bertram Hilgen, Oberbürgermeister der Stadt Kassel | Prof. Dr. Clemens Hoffmann, Institutsleiter IWES, Kassel | Dr. Ulrike Mattig, Referatsleiterin, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Wiesbaden | Maria Müller, Leiterin Bauabteilung, Fraunhofer-Gesellschaft, München | Christof Nolda, Stadtbaurat, Stadt Kassel | Gabriele Plein, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Berlin | Oliver Reisinger, Architekt, Fraunhofer-Gesellschaft, München | Ansgar Schulz, Architekt, Leipzig | Monika Weber-Pahl, Architektin, Darmstadt | Prof. Zvonko Turkali, Architekt, Frankfurt am Main

Text: Fraunhofer IWES (Institutsteil Energiesystemtechnik)

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert