Daniel Spreng, Professor (em.), Energiewirtschaft und -analyse, ETH Zürich. Bild: ETH Zürich

Connor Spreng, Senior Economist bei der Weltbank. Bild: ETH Zürich

Überschwemmungen nehmen mit dem Klimawandel zu. ©Bild: nemodoteles / flickr/ETH Zukunftsblog

ETH Zukunftsblog: Haftpflicht für Schäden des Klimawandels

(©DS, CSKB/ETH Zukunftsblog) Um die globalen Herausforderungen des Klimawandels künftig besser zu meistern, schlagen wir einen marktwirtschaftlichen Ansatz nach dem Modell der Schweizer Gebäudeversicherung vor: Eine Klimahaftpflichtversicherung könnte für unwetterbedingte Infrastrukturschäden aufkommen und Klimaschutz- sowie Anpassungsprojekte finanzieren.


Es ist noch nicht lange her, dass man in der Schweiz Häuser an unvernünftigen Lagen baute, in Zonen also, die von Überschwemmungen, Lawinen und Hangrutschen gefährdet waren. Es gab zwar auf Stufe Bund Gefahrenkarten und Weisungen an Kantone und Gemeinden, den Bau von Häusern in solchen Zonen zu untersagen. Aber die politischen Gremien in den Kantonen und Gemeinden hatten zum Teil andere Prioritäten.

Ähnlich ist es in der Klimapolitik: Auf Stufe UN gibt es den Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), der die Auswirkungen des Klimawandels bestimmt, sozusagen die «Gefahrenkarte» zeichnet, und es gibt die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change), welche die Klimakonferenzen (COP) durchführt und Regeln berät. Auch wenn es einmal dazu kommt, dass etwas beschlossen wird, wie vor Jahren in Kyoto, dann haben diese Regeln und Beschlüsse auf nationaler Stufe wenig – oder gar kein – Gewicht.

Versicherung fördert Kooperation
Heute werden in der Schweiz in gefährdeten Zonen praktisch keine Häuser mehr gebaut. Warum? Die Gebäudeversicherungen haben erkannt, dass es für sie besser ist, neue Häuser in Gefahrenzonen nicht zu versichern. Dies hat den Bau solcher Häuser schlagartig gestoppt. Gebäudeversicherungen sind aus historischen Gründen zwar oft staatliche Einrichtungen, arbeiten aber ähnlich wie private Firmen und sind zum Teil auch privat. Dass der Staat die Gefahrenzonen definiert und alle Gebäudeversicherungen diese in ihrem eigenen Interesse nutzen, ist ein Beispiel einer erfolgreichen Zusammenarbeit von öffentlicher Hand mit privaten und öffentlich-rechtlich organisierten Versicherungen. Auch in Kantonen ohne obligatorische Gebäudeversicherung ist der Anteil der versicherten Gebäude sehr hoch. Banken würden ohne Versicherungsschutz kaum eine Hypothek geben, und für schuldenfreie Liegenschaften wäre der Totalverlust ein zu hohes Risiko.

Wie lässt sich dieses Modell auf den Klimawandel übertragen?

Es gibt heute lebhafte Diskussionen unter Juristen und Naturwissenschaftlern, bei NGOs und in der Versicherungsbranche, wem Klimaschäden angelastet werden können [1]. Ein Ansatz sagt, dass die Förderer von klimaschädigenden Stoffen letztlich die Klimaschäden verursachen. Diese Idee teilt auch die in den USA erhobene Forderung nach dem «Divestment» (Gegenteil von Investment) von Vermögensportfolien bezüglich Aktien von solchen Förderfirmen [2].

Demnach ist denkbar, dass die Unternehmen, die am Anfang der physischen Kausalkette stehen und klimaschädigende Substanzen wie etwa fossile Brennstoffe fördern, eine Haftpflichtversicherung für Klimaschäden aufnehmen [3]. Neben Erdöl, Erdgas und Kohle könnte man auch Kalk berücksichtigen, der bei der Zementherstellung teilweise in CO2 umgewandelt wird, und weitere Stoffe, die zu klimaschädigenden Emissionen führen.

Heute kann man wetterbedingte Schäden zwar nur ungefähr dem vom Menschen verursachten Klimawandel zuschreiben. Aber wie in anderen Bereichen des menschlichen Lebens wissen wir mit Wahrscheinlichkeiten umzugehen – die eingangs erwähnten Gefahrenkarten sind ein Beispiel dafür. Man könnte ein Gremium schaffen (wohl am ehesten im Rahmen der UN), das die Methoden zur Bestimmung der Klimaschäden ex-post festlegt und mit der Zeit verfeinert.

So könnte eine Klimahaftpflicht funktionieren

Kürzlich haben wir die marktwirtschaftlichen Aspekte dieser Idee in einem Meinungsbeitrag  in der NZZ dargestellt (siehe auch Box Downloads rechts). Versicherungsunternehmen werden die Haftung der Förderfirmen nur übernehmen, wenn die internationale Gemeinschaft und die gesetzgebenden Behörden einiger Länder diese Versicherungsidee anerkennen und nicht-versicherte fossile Brennstoffe entsprechend ächten würden. Die Versicherungsidee könnte Akzeptanz gewinnen, wenn die Versicherungen Klimaschäden und Katastrophenhilfe über einen Pool vergüten und zudem die angehäuften Prämien zu einem guten Teil in Vorsorgeprojekte investieren würden. Es könnte so recht viel Geld zusammen kommen, das einerseits im traditionellen Kapitalmarkt angelegt wäre, um klimabedingte Umweltschäden insbesondere an der öffentlichen Infrastruktur sofort zu begleichen. andererseits in umfangreiche Projekte fliessen müsste, die den Klimawandel mindern und wichtige Infrastrukturen auf den Klimawandel vorbereiten.

All dies bräuchte sicherlich internationale Spielregeln und Konventionen, aber keine Massnahmen, bei denen die Staaten selbst viel Geld in die Hand nehmen und aktiv werden müssten.


Weiterführende Informationen

Der erwähnte Meinungsbeitrag  in der NZZ, eine englische Übersetzung und eine Liste mit ausführlichen Referenzen:

[1] Lord R, Goldberg S, Rajamani L, Brunnée J (eds.). Climate Change Liability – Transnational Law and Practice. Cambridge University Press, 2012

Heede R. Tracing anthropogenic carbon dioxide and methane emissions to fossil fuel and cement producers 1854–2010. Climatic Change [2014] 122:229–241

[2]
Goldenberg S. Harvard faculty members urge university to divest from fossil fuels. The Gardian, 10 April 2014

[3]
Shiller RJ. Buying Insurance Against Climate Change. The Upshot: Economic View in the NYTimes of May 24, 2014

Climate Risk Statement of The Geneva Association. Toronto 16 may 2014 www.genevaassociation.org


©Text: ETH Zukunftsblog, Daniel Spreng, ETH Zürich, Connor Spreng, Weltbank

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