„Im Rahmen der Energiestrategie 2050 soll der Gesamtkostendeckel der KEV-Zulage auf 2.3 Rappen/kWh erhöht werden. Und die KEV wird zur EV, das „K“ für „kostendeckend“ wird wahrscheinlich wegfallen“, erklärt Laura Kopp. ©Bild: BE Netz

Pius Hüsser: „Die Kohle hat die Marktpreise in den Keller getrieben und nicht die Photovoltaik!“ ©Bild: BE Netz

Der Zubau der Erneuerbaren übersteigt den der konventionelle Kraftwerke deutlich. Grafik: EPIA

Peter Lustenberger: „In der alten Welt hat man Netze ausgebaut, in der neuen Welt wird immer mehr Strom vor Ort verbraucht, auch dank der Speicher.“ ©Bild: BE Netz

Variante Netzverstärkung und Variante lokale Batteriespeicher. ©Grafik: CKW

Neben den Fachvorträgen setzte BE Netz in der Stubete auch auf den Ausstausch der Besucherinnen und Besucher. ©Bild: BE Netz

BE Netz: Hochkarätige Fachtagung

(©AN) Vom internationalen Photovoltaikmarkt über die KEV und die Sicht des Energieversorgers bis hin zur Forschung und zur Gebäudeintegration der Solarenergie, an der Fachtagung „Sonne bewegt“ von BE Netz vom 14. Februar wartete ein rundes Programm auf die 200 Besucher. „Jeder bekommt eine aufs Dach“, diese Schlussthese von Adrian Kottmann, Geschäftsführer von BE Netz, bezogen auf Solaranlagen, war das Pünktchen auf dem i. ee-news.ch berichtet in zwei Teilen über die Tagung.


„2013 wurden weltweit etwa 35 Gigawatt neue Photovoltaikleistung installiert. 30 % davon oder mehr als 11 Gigawatt alleine in China“, erklärte Pius Hüsser, Vizepräsident von Swissolar. Pius Hüsser erinnerte daran, dass das Paul Schärrer Institut, das lange das BFE beraten habe, 2005 die weltweit installierte Leistung für 2020 auf 6.5 GW geschätzt habe. In China werden die Anlagen eher im Nordwesten gebaut, so gibt es Grossanlagen mit bis zu 500 MW Leistung zum Beispiel in der Wüste Gobi. Der Markt verlagert sich immer mehr nach Asien. Auch Japan, einst mit der Schweiz zusammen weltweit führend und dann längere Zeit eher auf den Export konzentriert, habe neue Photovoltaikprogramme aufgelegt. „2013 wurden rund 6 Gigawatt gebaut, damit nimmt Japan den zweiten Platz beim Zubau ein. Neue Häuser werden in Japan heute häufig mit Photovoltaikdach ausgestattet“, erklärt der Photovoltaikspezialist. Die USA haben dagegen mit dem Zubau von 4 Gigawatt neuer Leistung noch viel Wachstumspotenzial. Private Invest würden jedoch zum Beispiel in Kalifornien dank Public Privat Partnership mit den Stromversorgern Photovoltaikkraftwerke mit mehreren Hundert Megawatt Leistung bauen mit Gestehungskosten von rund 10 Rp./kWh dank hoher Einstrahlung Die Entwicklungen in Südamerika seien auch sehr spannend, vor allem für netzgekoppelte Anlagen, aber auch für Grossanlagen, die in abgelegenen Gebieten die fossile Stromerzeugung ersetzten. In Australien, wo lange kaum ein Markt bestand, gebe es inzwischen eine Million Einfamilienhäuser mit Solarstromanlage.

2014 weltweit 1%
2013 betrug der Solarstromanteil weltweit 0.8 %. 2014 werde laut Pius Hüsser erstmals die 1-%-Grenze geknackt: „Vielleicht sagen Sie jetzt, das ist ja nicht viel. Aber immerhin sind wir damit erstmals auch in den Kuchengrafiken sichtbar!“ Und ausserdem sei 2013 in Europa deutlich mehr Wind- und Solarstromleistung zugebaut worden als konventionelle Kraftwerke.

Kohlekraft und AKW Förderung
„Plötzlich gehören wir in Europa zu den Bösen! Nachdem uns jahrelang vorgeworfen wurde, Photovoltaikleistung bringe nichts, sind wir jetzt die Bösen, weil wir die Fördergelder nutzen und die Marktpreise durch unser Energieangebot erheblich sinken“, stellt Pius Hüsser fest. Und nun forderten ausgerechnet die traditionellen Energieversorger Marktwirtschaft. „Die hatten in der Schweiz jahrelang ein Monopol, schrieben ihre Kraftwerke ab, wie es ihnen beliebte und zahlen noch heute zu wenig Versicherung für ihre AKW. CO2-Zertifikate zu den aktuellen vier bis fünf Euro pro Tonne sind aber auch nichts anderes als ein Förderinstrument.“ Das erlaube es heute, Strom aus Braunkohle zu 1-2 Eurocents pro Kilowattstunde zu produzieren. Die Kohle hat die Marktpreise in den Keller getrieben und nicht die Photovoltaik. Die englische Regierung locke gar neue Investoren für AKW an, indem sie ihnen während 20 Jahren 11 Eurocents pro Kilowattstunde vergüte. „Zu diesem Preis würden wir sofort Solaranlagen bauen!“ erklärt der Photovoltaikfachmann.

BFE erkennt Solarstrompotenzial
Pius Hüsser zeigt sicherfreut darüber, dass seit Fukushima die Potenziale von Solarstrom in der Schweiz endlich erkannt werden. Auch das BFE halte 20 % Solarstrom heute für realistisch. Nicht schon 2025 wie Swissolar, aber das sei letztlich sekundär. Die Schweiz sei auf Kurs, um das Ziel zu erreichen. „Die Botschaft ist klar: Wir haben kein Stromproblem und auch die Kosten werden nicht explodieren. Mit der erneuerbaren Stromversorgung wird die Kilowattstunde 10 bis 20 Rappen kosten, nicht 1 Franken und auch nicht 50 Rappen. Wir können zu vernünftigen Preisen produzieren!“


Sonne bewegt
Unter diesem Motto lud BE Netz Energie AG am 14. und 15. Februar an ihren Hauptsitz in Ebikon ein. Am 14. Februar trafen sich rund 200 Personen zu einer Fachtagung mit anschliessendem gemütlichem Zusammensein. Am 15. Februar öffnete BE Netz Energie AG ihre Tore für das breite Publikum, rund 200 Personen folgten der Einladung.


BFE erkennt Solarstrompotenzial
Pius Hüsser zeigt sicherfreut darüber, dass seit Fukushima die Potenziale von Solarstrom in der Schweiz endlich erkannt werden. Auch das BFE halte 20 % Solarstrom heute für realistisch. Nicht schon 2025 wie Swissolar, aber das sei letztlich sekundär. Die Schweiz sei auf Kurs, um das Ziel zu erreichen. „Die Botschaft ist klar: Wir haben kein Stromproblem und auch die Kosten werden nicht explodieren. Mit der erneuerbaren Stromversorgung wird die Kilowattstunde 10 bis 20 Rappen kosten, nicht 1 Franken und auch nicht 50 Rappen. Wir können zu vernünftigen Preisen produzieren!“

Von der KEV zu EV

„Aus Sicht des BFE ist die KEV ein Erfolgsmodell“, berichtete Laura Kopp, Leiterin Dienst Führungsunterstützung beim Bundesamt für Energie. Dank der KEV habe sich der Anteil der Erneuerbaren von 0.6 % 2009 auf 2.7 % des Stromverbrauchs im Jahr 2013 erhöht. Das sei zwar noch nicht so hoch wie zum Beispiel in Deutschland, aber die Zahl zeige, dass die KEV funktioniere. Für das BFE gelte es, die Balance zwischen Unter- und Überförderung zu halten. „Die Kehrseite des erfolgreichen Instruments KEV ist die lange Warteliste. Auch 2014 kommen monatlich immer noch rund 1000 neue Anmeldungen dazu.“ Auch die Anpassungen der KEV seit anfangs 2014 hätten hier bis jetzt keine Entlastung gebracht. Ein Nachteil der heutigen Förderung sei, dass der Strom nicht unbedingt dann eingespeist werde, wenn er gebraucht werde, wobei dies in der Schweiz noch kein Problem darstelle.

KEV
-Änderungen per 1.1.2014
Laura Kopp zählte die KEV-Änderungen auf, die seit dem 1. Januar 2014 in Kraft sind, so zum Beispiel die Verkürzung der Vergütungsdauer von 25 auf 20 Jahre für alle Technologien, ausser für Kehrichtverbrennungsanlagen und ARA, bei denen sie schon vorher 10 Jahre betragen habe. „Bei der Photovoltaik wurde die KEV zusätzlich gekürzt und die Gebäudeintegration wird nur noch bis 100 kW zusätzlich honoriert“, erklärte Kopp. „Neu ist ein Windhöhenbonus von 2.5 Rappen pro Kilowattstunde für Anlagen an alpinen Standorten auf einer Höhe von 1700 m.ü.M. und höher. Bei der Kleinwasserkraft wurde die Vergütung für Kleinstwasserkraftwerke unter 300 kW an natürlichen Gewässern stark reduziert.“

Mini-Energiestrategie“ per 1.4.2014
Im Moment werde beim BFE die Umsetzung der Parlamentarischen Initiative 12.400 behandelt, deren Anpassungen am 1.4.2014 in Kraft treten werden. „Der maximale KEV-Zuschlag wird dabei auf 1.5 Rappen pro Kilowattstunde angehoben“, erklärt Laura Kopp. Weitere Bestanteile sind die Einmalvergütung für kleine Photovoltaik-Anlagen, der Eigenverbrauch für alle Produzenten und die teilweise bis vollständige Rückerstattung des Netzzuschlags für energieintensive Unternehmen. Photovoltaik-Anlagen zwischen 10 und 30 kW können seit 1.1.2014 zwischen der KEV und der Einmalvergütung wählen, und das zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Solarstromanlagen mit einer Leistung von unter 10 kW erhalten künftig nur noch die Einmalvergütung im Umfang von 30% der Investitionskosten. Wer eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung bis zu 10 kW vor dem 31.12.2012 angemeldet hat, kann aber ebenfalls zwischen der Einmalvergütung und der KEV wählen. Swissgrid werde künftig vermehrt Kontrollen durchführen, das sei gerade bei den Einmalvergütungen wichtig.

Energiestrategie 2050
geht noch weiter
„Im Rahmen der Energiestrategie 2050 soll der Gesamtkostendeckel der KEV-Zulage auf 2.3 Rappen/kWh erhöht werden, die Zubaukontigente für Solarstrom bleiben aber bestehen. Und die KEV wird zur EV, das „K“ für „kostendeckend“ wird wahrscheinlich wegfallen“, erklärt Laura Kopp. Neu wird auf die Direktvermarktung gesetzt, welche die Stromproduzenten zum marktorientierten Einspeisen motivieren soll. Zudem soll der Vollzug vereinfacht werden, indem von der Anmeldung bis zur Auszahlung alles nur noch über das BFE laufe und die Projektanten damit nur noch einen Ansprechpartner haben.

Abregeln
ist uncool
„Wir von der CKW müssen die Netzstabilität garantieren. Das ist bei zunehmend fluktuierendem Solarstrom eine grosse Herausforderung. Zudem müssen wir mit dem Atomausstieg die Winterproblematik lösen“, erklärt Peter Lustenberger, Leiter Produktion der CKW. „Die Option der Netzabreglung bei zu viel Solar- und Windstrom ist für mich als Ingenieur aber keine, denn Energie zu zerstören, das ist uncool.“ Daher gelte es, den überschüssigen Strom zu speichern. „Unsere Pumpspeicherseen sind für die Speicherung über Tag, ein Wochenende oder bis zu einigen Tagen ausgelegt“, erklärt der Ingenieur. Zudem müsse der Strom die Berge hochtransportiert werden. Aber der Wirkungsgrad sei mit 80 % toll. Luftdruckspeicher, die bereits im Einsatz seien, hätten einen Wirkungsgrad von rund 40 %, die Umwandlung in Wasserstoff gar nur 30 %. „Der Vorteil von Batterien ist, dass sie sehr flexibel sind, die Batterie direkt neben die Anlage gebaut werden kann und mit ihnen super Wirkungsgrade erzielt werden können. Doch sie sind immer noch relativ teuer. Wir sprechen von 35-50 Rappen pro gespeicherte Kilowattstunde“, führt Lustenberger aus.

Drei Pilotprojekte

Im ländlichen Versorgungsgebiet der CKW komme es vor, dass für eine Solarstromanlage auf einem abgelegenen Bauernhaus unter Umständen das Netz verstärkt werden müsse, das sei unverhältnismässig teuer. „Daher haben wir nun drei Batteriespeicher-Pilotprojekte, denn statt an solchen Orten das Netz zu verstärken, haben wir einfach Batteriespeicher direkt neben die Anlagen hingestellt.“ Die CKW sei daran interessiert, Erfahrungen zu sammeln, da an solchen Orten die Batterielösung günstiger als der Netzausbau sein kann. Zudem sorge der lokale Speicher auch für Netzstabilität. „In der alten Welt hat man Netze ausgebaut, in der neuen Welt wird immer mehr Strom vor Ort verbraucht, auch dank der Speicher“, davon ist Lustenberger überzeugt. Die könnten dann auch netzoptimiert gesteuert werden. Die CKW-Batteriespeicherprojekte verfügen über Leistungen von 55 kW, 80 kW und 26 kW.

Nicht vergessen werden dürfe auch die Lastenregelung: Die CKW speist heute 45‘000 Boiler mit insgesamt 200 MW Leistung. „Darin könnten wir heute einen Viertel der aktuellen Photovoltaikleistung der Schweiz speichern“, erklärt der Energiefachmann. Auch hier sieht er Potenzial, die Boiler gruppenweise je nach Wetterprognosen zu laden. Lustenberger ist überzeugt: „Die Photovoltaik produziert vor allem über den Mittag Strom, dann wenn wir ihn am meisten brauchen. Dank der Steuerung über die Wechselrichter beeinflusst auch die Photovoltaik die Netzstabilität positiv.“

Teil 2. f
olgt
Der Anlass von BE Netz bot hochkaratige Vorträge. Der Bericht über die weiteren Referate sowie ein Interview mit Adrian Kottmann sind in rund einer Woche hier auf ee-news.ch zu lesen.

Weitere Informationen zum Anlass sowie die Vorträge der Referenten www.benetz.ch

©Text: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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