In der Migros-Filiale Bulle stehen 135 Meter Kühlmöbel. Durch den Einbau von Glastüren und -schiebern konnte der Energieverbrauch halbiert werden. Der Einbau eines Ejektors in der zentralen Kühlanlage spart zusätzlich 15 % Energie. Foto: FCAG

Jonas Schönenberger, Projektleiter der Frigo-Consulting AG, hat die CO2-Kälteanlage mit Ejektor in der Migros-Filiale Bulle geplant. Foto: element p

Das Schema zeigt den Ejektor mit den zugehörigen Leitungen (rot) in der CO2-Kälteanlage (blau). Er nutzt die bei der Entspannung des Kühlmittels frei werdende Energie, um flüssige Teile des Kühlmittels vom Abscheider zum Sammler zu pumpen. Grafik: FCAG

Das Schema veranschaulicht, wie der Ejektor dank Unterdruck das flüssige Kältemittel aus dem Flüssigkeitsabscheider ansaugt. Grafik: FCAG

Ein Ejektor, wie er in der CO2-Kälteanlage der Migros Bulle eingebaut ist. Der Ejektor hat keine bewegliche Teile, lässt sich einfach in die Anlage einbinden und erhöht deren Effizienz. Foto: FCAG

Die neue Kühlanlage sorgt seit Sommer 2013 für Plus- und Minuskühlung in der Migros-Filiale Bulle. Die Anlage ist mit drei Ejektoren ausgerüstet. Foto: FCAG

Der luftgekühlte Gaskühler auf dem Dach ist ein Teil der zentralen Kälteanlage. Wird die Wärme der Kälteanlage nicht für Heizzwecke benötigt, so wird sie mittels dem Gaskühler an die Umgebung abgegeben. Foto: FCAG

Blick in einen der 14 zentral gekühlten Kühlraume der Migros Bulle. Foto: FCAG

Bulle: Ejektor trimmt CO2-Kälteanlagen auf Effizienz

(©BV) Kühlregale und Tiefkühltruhen der Grossverteilern sind zahlreich und laufen rund um die Uhr. Ihr Energieverbrauch lässt sich mit dem Einbau eines an sich simplen Bauelements um stolze 15 % und mehr senken. Das zeigt ein für die Schweiz bisher einzigartiges Pilotprojekt in der Migros-Filiale Bulle (FR). Die Technologie könnte Schule machen.


Wer heute bei Coop, Migros und Co. gekühlte oder tiefgekühlte Lebensmittel einkaufen will, muss am Kühlregal vielfach zuerst eine Vitrinentür öffnen oder an der Tiefkühltruhe einen Schieber zur Seite bewegen. Erst dann können Kundinnen und Kunden bei Joghurts oder Fischstäbchen zupacken. Es ist nicht allzu lange her, da waren gekühlte Artikel noch direkt zugänglich. Damals verpuffte die Kälteenergie ungehindert in den geheizten Verkaufsraum. Unterdessen haben die meisten Einzelhändler diese Energieverschwendung unterbunden – und sparen damit rund die Hälfte der für die Kühlung nötigen Energie.

Kühlung mit Umgebungswärme

Dies zeigt, wie schon einfache Massnahmen energetisch eine grosse Wirkung erzielen können. Auch in der Migros-Filiale Bulle (FR) stehen heute moderne Kühlmöbel. Damit aber nicht genug. Die Verantwortlichen haben auch die zentrale Kühlanlage energetisch optimiert. Diese Anlage mit 150 kW Kälteleistung versorgt alle Kühlregale und Tiefkühltruhen sowie 14 zugehörige Kühl- und Tiefkühlräume über eine Leitung mit der Kühlflüssigkeit CO2. Im Kühlmöbel wird das Kohlendioxid durch die Lamellen eines Verdampfers geleitet, wo es verdampft, damit der Umgebung Wärme entzieht und so für die erwünschte Kühlwirkung sorgt. Hat das Kühlmittel seine Kälte abgegeben, fliesst es zurück zur zentralen Kälteanlage, wo es durch Zuführung von Energie für den nächsten Kühlzyklus vorbereitet wird.

Gleiche Kühlwirkung bei höherer Temperatur
In der Migros-Filiale Bulle dient eine -33 °C kalte Kühlflüssigkeit dazu, die Tiefkühltruhen auf -20 °C abzukühlen. Bei den Kühlregalen genügt eine Kühlflüssigkeit von -8 °C, um die Wunschtemperatur von 0 bis 7 °C herzustellen. So war es zumindest bisher. Dank eines Kunstgriffs gelten seit einigen Monaten neue Eckwerte: Neuerdings beträgt die Temperatur der eingesetzten Kühlflüssigkeit nicht mehr -8° C, sondern nur noch -2 °C. „Genau das ist der Trick unseres Projekts: Unsere Kühlflüssigkeit ist nur noch -2 °C kalt , und trotzdem können wir die Kühlschränke wie bisher zuverlässig auf 0 bis 7 °C kühlen. Dank der weniger tiefen Temperatur der Kühlflüssigkeit sparen wir Energie in erheblichem Umfang“, sagt Jonas Schönenberger, Projektleiter der Frigo-Consulting AG, die das neuartige Kältesystem geplant hat.

2700 Fr. pro Jahr sparen

Den Trick, von dem Jonas Schönenberger spricht, nennen Fachleute Ejektor (vgl. Textbox unten). Dieses Bauteil der zentralen Kühlanlage stellt sicher, dass der Kühlkreislauf einwandfrei funktioniert, wenn die Kühlflüssigkeit wie beschrieben bei einer Temperatur von -2 °C statt -8 °C eingesetzt wird. Die Kälteanlage mit dem Ejektor läuft seit Juni dieses Jahres. Die Techniker haben in den ersten Monaten zeitweise einen Effizienzgewinn von 20 bis 25 % gemessen. Auf lange Frist rechnet Jonas Schönenberger mit einem Effizienzgewinn von 15 %. Auch dies ist beachtlich: Bei einer Kälteanlage mit einem Stromverbrauch von 300 000 kWh pro Jahr entspricht die Einsparung 45 000 kWh. Damit spart ein gewerblicher Grosskunde bei einem angenommenen Strompreis von 6 Rp./kWh immerhin 2700 Fr. im Jahr. Wird die Ejektor-Technologie serienmässig eingesetzt, werden sich die Mehrkosten innert wenigen Jahren amortisieren, hofft Schönenberger. Der ausgebildete Ingenieur für Systemtechnik ist überzeugt: „Die Technologie wird sich durchsetzen.“

Ideale Ergänzung zum Kältemittel CO
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Das vom Bundesamt für Energie unterstützte Pilotprojekt in Bulle bringt Partner aus verschiedenen Ländern zusammen: Berechnet hat den Ejektor das norwegische Forschungsinstitut SINTEF Energy Research. Für den Einbau in die Kälteanlage sorgte der Hersteller, in diesem Fall der italienische Verbundhersteller Enex srl. Installiert, betrieben und gewartet werden der Ejektor wie die gesamte Anlage von der Firma Alpiq InTec West AG in Interlaken.

Renaissance
von Kohlendioxid
Das Kältemittel CO2 war bis in die 1950er Jahre stark verbreitet, beispielsweise in der Schiffsindustrie. Dann wurde Kohlendioxid durch synthetische Kältemittel verdrängt, die bei tieferen Drücken arbeiten und seinerzeit als besonders sicher galten. Unterdessen sind die synthetischen Kältemittel aber weniger beliebt, teilweise sogar verboten, weil diese bei Leckagen den Treibhauseffekt deutlich stärker anheizen als CO2. Heute erlebt daher Kohlendioxid eine Renaissance in der gewerblichen und industriellen Kälteerzeugung. Der Ejektor profitiert von dieser Entwickelung. Denn das Kältemittel CO2 wird bei vergleichsweise hohem Druck betrieben und verfügt damit über ein Energiepotenzial, das mittels Ejektor gut ausgeschöpft werden kann.

A
uch für wärmere, südlichere Regionen
Im Gegenzug verhilft der Ejektor dem Kältemittel CO2 zu zusätzlicher Attraktivität. Denn der Ejektor verschafft CO2-Kälteanlagen einen Effizienzgewinn. Damit werden mit CO2 betriebene Kälteanlagen auch für wärmere, südlichere Gegenden wettbewerbsfähig, also in Regionen mit Temperaturbedingungen, die für den Einsatz dieser Kälteanlagen bisher aus Temperaturgründen ungünstig waren. „Der Ejektor wird die Effizienz der Kälteanlagen weiter anheben und die synthetischen Kältemittel zunehmend verdrängen“, sagt Daniel Baumann von Alpiq InTec West AG.

Weitere Auskünfte zu dem Projekt erteilt Stephan Renz (renz.btr@swissonline.ch), Leiter des BFE-Forschungsprogramms Wärmepumpen&Kälte.


Der Ejektor ist eine Pumpe, die ohne Stromzufuhr arbeitet
In einem Kühlkreislauf, wie er bei gewerblichen oder industriellen Anwendern zum Einsatz kommt, fliesst das dampfförmige Kältemittel von den Kühlmöbeln (Kühlregale, Tiefkühltruhen) zurück in die zentrale Kälteanlage. Dort wird dem Kühlmittel zuerst mit mehreren elektrisch betriebenen Verdichtern (Kompressoren) Energie in Form von Wärme/Druck zugeführt, anschliessend wird das CO2 von einem Gaskühler – er befindet sich meist auf dem Gebäudedach – in den flüssigen Zustand zurückgeführt. Schliesslich wird das verflüssigte Kühlmittel in einem Hochdruck-Regelventil entspannt auf 35 bar und eine Temperatur von 0 °C. In der Form wird es von neuem in den Kühlkreislauf eingespeist.

Wird die Kühlflüssigkeit, wie im Haupttext beschrieben, bei -2 °C statt bei -8 °C eingesetzt, hat dies zur Folge, dass sie im Wärmetauscher des Kühlregals nicht mehr vollständig verdampft. Ein Teil der Kühlflüssigkeit verbleibt im flüssigen Zustand. Diese Flüssigkeit kann nicht von den Kompressoren verdichtet werden, sondern sie muss – diese umgehend – vom Rücklauf direkt zum Beginn des Kühlkreislaufs geführt werden. Um dies zu erreichen, könnte man eine elektrisch betriebene Pumpe einsetzen. Noch klüger ist aber der Einsatz eines Ejektors, weil dieser die Pumpleistung ohne Zuführung von elektrischer Energie leistet, sondern allein durch das im Kühlmittelkreislauf zirkulierende CO2 angetrieben wird.

Der Ejektor ist im Prinzip nichts anderes als ein Rohr mit einem teilweise verengten Durchmesser. Seine Funktionsweise beruht auf dem physikalischen Gesetz, wonach eine strömende Flüssigkeit in einem verengten Rohr einen Unterdruck erzeugt ('Bernoulli-Effekt'); in anderen technischen Zusammenhängen spricht man von Düsenstrahlpumpe. Die Saugwirkung aufgrund des Unterdrucks wird vom Ejektor genutzt, um die noch flüssigen Teile des CO2 über eine neue Leitung (in der Grafik rot markiert) vom Rücklauf zum Beginn des Kühlkreislaufs zu pumpen. Dort vermischt sich die Flüssigkeit mit dem übrigen CO2, unter Angleichung von Druck und Temperatur. Der Ejektor nutzt gezielt die Energie, die bei der Entspannung im Hochdruck-Regelventil frei wird und die – wird kein Ejektor eingesetzt – ungenutzt verpufft.

Theoretisch könnte der Ejektor auch in anderen Anwendungsgebieten der Kältetechnik – z.B. in einem Kühlschrank – zu erheblichen Effizienzsteigerungen führen. Bislang ist es aber noch nicht gelungen, den Ejektor hier rentabel einzusetzen.


©Text: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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