Neben Argentinien setzt inzwischen auch Brasilien auf Solarenergie.

Endlich: Solar-Weltmarkt kommt wieder in Schwung

(©SR) Zulieferer bauen neue Fabriken, Hersteller erhöhen ihre Kapazitäten und Projektierer melden neue Aufträge. Dank steigender weltweiter Modulnachfrage endet allmählich die Konsolidierungsphase der Phototvoltaik. Auch die Analysten sehen nach einer zweijährigen klare Anzeichen für einen Wiederaufschwung.


Der Auftrag liess aufhorchen: Der Stuttgarter Fabrikplaner M+W Group und der Maschinenbauer Schmid aus Freudenstadt im Schwarzwald wollen gemeinsam eine Modulfabrik bauen, die weltweit Massstäbe setzt. Die Produktionsstätte soll besonders kosteneffizient und profitabel fertigen, indem sie alle solaren Produktionsschritte – von der Herstellung der Silziumbarren bis zur Modulproduktion – unter einem Dach vereint. Besonders ist die Fabrik aber nicht nur wegen ihres Designs: Sie entsteht in der Andenstadt San Juan in Argentinien, einem für die Photovoltaik bisher völlig unbedeutenden Land. Der Energieversorger Energía Provincial Sociedad del Estado investiert 100 Millionen Euro in das Werk, um künftig mehr Sonnenstrom anbieten zu können – ein Zeichen dafür, dass sich die Photovoltaik global gesehen neue Wege bahnt.

Zubau von 41 GW
Auch die Analysten sehen nach einer zweijährigen Konsolidierungsphase klare Anzeichen für einen Wiederaufschwung: Das kalifornische Marktforschungsunternehmen Solarbuzz schätzt, dass die weltweite Modulnachfrage 2014 auf 45 bis 55 Gigawatt klettern wird. Das wäre fast ein Drittel mehr als 2013. Selbst konservativere Prognosen wie die des US-Marktforschers IHS rechnen für 2014 mit einem Zubau von 41 Gigawatt, was immer noch ein Plus von 18 Prozent bedeuten würde.

Die Nachfrage zieht an, weil mittlerweile viele Länder die Erneuerbaren fördern. Mehr als 60 Staaten setzen auf einen Solarstrom-Einspeisetarif, der sich am deutschen Modell des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) orientiert. Aber auch Ausschreibungen und Auktionsverfahren neuer Kraftwerkskapazitäten oder Strombezugsvereinbarungen sorgen dafür, dass in Solartechnik investiert wird. Zudem kann Solarstrom dank des Modulpreisverfalls in einigen sonnenreichen Regionen inzwischen günstiger produziert werden als konventionelle Energie – eine spezielle Förderung ist deshalb nicht mehr nötig.

Treiber Asien und Südamerika
Treiber des Wachstums sind vor allem Asien und Südamerika. Neben Argentinien setzt inzwischen auch Brasilien auf Solarenergie. So hat die Entwicklungsagentur des brasilianischen Staats Río Grande angekündigt, dass die Solarfirmen Real Solar, Enerbra Indústria e Commercio de Paneis Solar und Bacilieri Equipamentos Elétricos insgesamt 377 Millionen US-Dollar in Solarprojekte in Río Grande investieren werden. Real Solar soll rund 50 Millionen Dollar in eine Modulfabrik mit 240 Megawatt Jahreskapazität investieren, heisst es.  Bacilieri und Enerbra wiederum planten, für insgesamt rund 320 Millionen Dollar neue Solarkraftwerke Río Grande zu errichten. Das Geld dürfte für 200 bis 250 Megawatt Photovoltaikleistung reichen.

Auch im Mittleren Osten, in Südafrika sowie in der Türkei wird der Zubau aus der Sicht der Analysten stark zulegen. Selbst Europa soll der Industrie weiterhin gute Absatzchancen bieten. Zwar haben einige europäische Länder ihre Erneuerbaren-Förderung gekürzt, dennoch gehen die Analysten von einem leichten Wachstum in Europa aus. Rund zehn Gigawatt Solarstromleistung wurden hier nach Erhebungen des europäischen Verbands der Phototovoltaikindustrie Epia 2013 installiert, bis 2017 sollen die jährlichen Neuinstallationen auf knapp 13 Gigawatt steigen. Als Hauptabnehmer von Solaranlagen sieht der Verband Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien.

Höchste Zeit
Für die Solarbranche wird die Marktwende höchste Zeit. Nach der Insolvenzwelle der Hersteller hatten zuletzt auch die Solarzulieferer mit Problemen zu kämpfen. Nach Informationen des Maschinenbauverbands VDMA hat sich ihr Umsatz 2013 nahezu halbiert. Die Ursache dafür sieht Peter Fath, Vorsitzender der VDMA-Sparte Photovoltaik-Produktionsmittel, unter anderen im Handelskonflikt der Solarindustrie. „Erst als die Europäische Union und China ihre Differenzen vergangenen Juli beilegten, spürte die Branche wieder positive Signale.“ Es werde allerdings noch etwas Geduld brauchen, bis sie sich in neue Auftragseingänge und wachsende Umsätze ummünzen liessen, so Fath.

Während die deutschen Firmen derzeit noch vorsichtig agieren, verfolgen die chinesischen Unternehmen schon wieder grosse globale Pläne. Die chinesische Hanergy-Gruppe beispielsweise, die mit der Q-Cells-Tochter Solibro und den beiden US-Firmen Miasole und Global Solar in den vergangenen Jahren gleich drei Dünnschichtspezialisten übernahm, will zum Beispiel in Südamerika das grosse Rad drehen. Der Konzern plant in Brasilien ein Werk für Dünnschichtmodule auf der Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) oder Dünnschichtsilizium. Wie gross die Produktionsstätte werden soll, ist noch offen.

Dünnschicht holt auf
Allerdings ist Hanergy dafür bekannt, dass es nicht gerade in kleinen Massstäben denkt. Der Konzern verkündete im Dezember, bei seinem Tochterunternehmen Fujian Apollo Maschinen für CIGS-Produktionslinien mit einer Jahreskapazität von 5.25 Gigawatt bestellt zu haben. Das entspricht grob geschätzt der doppelten Kapazität aller deutschen Modulhersteller. Forscher des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) erzielten 2013 mit CIGS-Modulen Spitzeneffizienzen von 20,8 Prozent. Damit wurde erstmals die multikristalline Dickschicht-Konkurrenz beim Wirkungsgrad übertroffen. Hanergy ist sich sicher, dass die CIGS-Technologie sowohl niedrigere Kosten als auch höhere Wirkungsgrade ermöglicht.

Doch nicht nur bei den Solarzulieferern und Produzenten sieht es nach Aufschwung aus. Auch in das Projektgeschäft, in den so genannten Downstream-Bereich, kommt wieder Bewegung. Dass mit Projekten wieder Geld zu verdienen ist, zeigen etwa die Entscheidungen bei Trina Solar, einem der weltweit grössten Photovoltaik-Produzenten: Er will fortan pro Quartal 200 Megawatt seiner Module in eigenen Solarparks verbauen. Auf diese Weise wollen die Chinesen in den kommenden drei Jahren 30 Prozent ihres Umsatzes erzielen.

2014 mit verlässlichen Rahmenbedinungen
Erfolgsmeldungen gibt es auch aus Deutschland: So verkündete der Erneuerbaren-Projektierer Juwi aus Wörrstadt bei Mainz im Dezember, für den niederländischen Stromerzeuger Sonnedix in der südafrikanischen Provinz Nordkap einen Solarpark mit 86 Megawatt Leistung zu errichten. Es ist das bisher grösste solare Einzelprojekt in Juwis Firmengeschichte. Dessen deutsche Wettbewerber scheinen die Krise ebenfalls überwunden zu haben. „Wir sind auf dem Weg zu einem nachhaltig planbaren, profitablen Wachstum“, sagt Bernd Köhler, Chef des bayerischen Solarprojektierers Phoenix Solar. Auf positivem Weg sieht Udo Möhrstedt auch sein Unternehmen, IBC Solar. Er warnt aber bei aller Internationalisierung, den deutschen Markt zu vernachlässigen. „Wenn es um Solarenergie geht, schaut die Welt immer noch auf Deutschland. Das überstürzte Absenken der Einspeisevergütung, die anhaltenden Diskussionen um das EEG und der Zick-Zack-Kurs der Politik haben die Solarwirtschaft in Deutschland 2012 und 2013 stark belastet.“ Er setze darauf, dass 2014 wieder ein Jahr mit verlässlichen Rahmenbedingungen werde, in dem die Erfolgsgeschichte der Photovoltaik weitergeschrieben werde.

©Text: Sascha Rentzing

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