„Mit der Fassaden- und Kellerdämmung sowie dem Ersatz der Fenster kann der Wärmebedarf der vier Mehrfamilienhäuser mit insgesamt fünfzig Wohnungen am Balsberg um gute sechzig Prozent gesenkt werden“, rechnet Geak-Plus-Experte Stephan Huber vor. Er hat im Auftrag der privaten Immobilienbesitzer von einem der vier Gebäude einen Gebäudeenergieausweis der Kantone mit Beratungsbericht – den Geak Plus (vgl. Kasten auf S. XX) – erstellt.
Gesamtsanierung steht an
Die gelben Mehrfamilienhäuser mit dem für die 1970er-Jahre typischen Kellenwurfputz sehen immer noch ansprechend aus. Und doch sind die 1976 gebauten Gebäude in die Jahre gekommen. Zwar wurden bei Mieterwechseln Bodenbeläge ersetzt und Wände neu gestrichen, 2006 erfolgte zudem eine Sanierung des Flachdachs. Nun steht aber eine Gesamtmodernisierung an. Dass die Besitzer für die Planung explizit einen Geak Plus verlangt haben, hat vor allem zwei Gründe: Der Gebäudeenergieausweis ist in einigen unserer Nachbarländer jetzt schon Pflicht. Für Immobilienbesitzer kann es sinnvoll sein, der Entwicklung einen Schritt voraus zu sein, da der Geak vielleicht in einigen Jahren auch in der Schweiz vorgeschrieben sein wird; einige Kantone wie Bern oder Freiburg sind bereits daran, ihre Bestimmungen entsprechend zu ändern. Dank dem Geak Plus liegen den Immobilienbesitzern zudem verschiedene Modernisierungsvarianten inklusive Kosten-Nutzen-Rechnung und erreichbarer Energieetikette (vgl. Kasten unten) vor. Damit verfügen sie über eine nützliche Entscheidungsgrundlage für die Sanierungsmassnahmen.
Zwei Varianten
Zunächst hatten die Gebäudebesitzer angedacht, nur die Kellerdecke zu dämmen und die Fenster zu ersetzen. Als die Wichser Akustik & Bauphysik AG aus Zürich die Resultate des Geak Plus mit Beratungsbericht vorlegte, wurde deutlich, dass mit einem grösseren Eingriff auch bedeutend mehr erreicht werden kann. Im Ist-Zustand erreicht die Gebäudehülle nur die Energieeffizienzklasse G, die schlechteste aller Klassen. Etwas besser ist der Wert der Gesamtenergieeffizienz, sie umfasst Gebäudetechnik und -hülle, hier wird die Klasse D erreicht. In beiden Kategorien ist A die beste Klasse.
Mit der Light-Variante, der Dämmung der Kellerdecke und dem Einbau von Fenstern mit Dreifachverglasung, steigt die Gebäudehülle um zwei Klassen von G auf E, verbleibt aber bei der Gesamtenergie auf Stufe D. Werden neben diesen zwei Massnahmen auch die Aussenwände gedämmt und die Wohnungstüren erneuert, erreichen die Mehrfamilienhäuser sowohl bei der Bewertung der Gebäudeeffizienz als auch der Gesamtenergieeffizienz die bessere Klasse C. „Der Energiebedarf gegenüber dem jetzigen Zustand wird bei einer Standardnutzung um gute sechzig Prozent sinken, bei der Light-Variante wären es nur rund zehn Prozent“, erklärt Stephan Huber.
Gesamtsanierung wirtschaftlicher
Rund 470 000 Franken kostet die Light-Variante des Mehrfamilienhauses Am Balsberg 32, wobei die etwa 7000 Franken Fördergelder bereits abgezogen sind. Die Variante mit den Massnahmen Dämmung Kellerdecke, Aussenwände und Fenster- und Türenersatz wird gemäss der Aufstellung im Geak Plus mit rund 862 000 Franken zu Buche schlagen; auch hier sind gut 65 000 Franken Fördergelder bereits abgezogen. Diese Angaben sind im Geak Plus sehr übersichtlich aufgelistet.
Die teurere Variante bringt aber auch wesentlich mehr: Mit ihr lassen sich über einen Zeitraum von 25 Jahren 650 000 Franken an Energiekosten einsparen, bei der billigeren Light-Variante dagegen nur 115 000 Franken. Noch deutlicher zeigt sich der Vorteil in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei der aktuellen Belegung und Nutzung: Betrachtet man die Nettogesamtinvestitionen über 25 Jahre, summiert sich die Light-Variante auf rund 238 000 Franken, die teurere Gesamtsanierung aber – unter anderem aufgrund der hohen Einsparungen bei den Energiekosten – auf minus 154 000 Franken (siehe Tabelle).
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei aktueller Belegung und Nutzung
Diese Berechnungen, die für eines der vier Mehrfamilienhaus gemacht wurden, stammen aus dem Geak Plus und wurden auf der Grundlage einer Standardnutzung und der jetzigen Belegung gerechnet. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung basiert auf einem Zeitraum von 25 Jahren.
Geak Plus |
Light-Variante: Dämmung Kellerdecke |
Gesamtsanierung: |
|
CHF |
CHF |
Gesamter Initialaufwand |
479 395 |
927 370 |
Zusatzinvestitionen und Restwertgutschrift über den Betrachtungszeitraum |
-119 136 |
-365 672 |
Gesamtkosten über den Betrachtungszeitraum |
360 259 |
561 698 |
Barwert der Energiekosten |
-115 557 |
-650 892 |
Förderbeiträge |
-7 134 |
-65 370 |
Netto Gesamtinvestitionen über den Betrachtungszeitraum |
237 568 |
-154 564 |
In % |
100 |
-60
|
Knackpunkt Wärmebrücken
Einerseits haben die Mehrfamilienhäuser am Balsberg den Vorzug, dass die Zugänge zu den einzelnen Wohnungen im Innenhof über Balkone verlaufen und der Zugang nicht – wie sonst oft der Fall – über ein beheiztes Treppenhaus erfolgt. Andererseits sind eben diese Balkone auch Wärmebrücken und die Aussendämmung muss an die Platzverhältnisse angepasst werden: Einige Wohnungs- und Balkontüren grenzen im 90-Grad-Winkel direkt an die nächste Aussenwand. Da diese Türen nicht versetzt werden können, wird hier weniger stark gedämmt als gewünscht.
Gedämmt wird in zwei verschiedenen Dicken mit Polystyrol: 16 Zentimeter an den Flächen ohne bauliche Einschränkungen, 8 Zentimeter an Stellen, an denen Fenster und Eingangstüren aufgrund der Platzverhältnisse keine dickere Dämmung erlauben. Auch der Abbruch der Balkone, die typische Wärmebrücken sind, stand nie zur Diskussion. Das würde die Sanierungskosten und die künftigen Wohnungsmieten zu stark in die Höhe treiben.
Wärme vom Verbund
Die Immobilienbesitzer überprüfen ausserdem eine weitere Massnahme, die eine zusätzliche Verbesserung der Effizienzklasse ermöglichen könnte. Die Wärme für das Warmwasser liefert der Wärmeverbund Priora, der mit Heizöl betrieben wird. Priora war früher eine Tochtergesellschaft der ehemaligen Swissair. Ursprünglich sollte eine Heizzentrale die Wärme durch das Verbrennen des gesamten Papiers und sämtlicher Kartons der Swissair und des Flughafens erzeugen. Die Zentrale hat aber nie richtig funktioniert, und so kam schliesslich Heizöl zum Einsatz. Da der Wärmevertrag 2015 ausläuft, haben die Immobilienbesitzer der Priora vorgeschlagen, die Wärmeerzeugung auf eine nachhaltige Technologie umzustellen: Zur Diskussion steht die Abwärmenutzung der riesigen Serverräume der Priora in Kombination mit einer Wärmepumpe.
Effizienz – einer von vielen Aspekten
Die Baueingaben für die Mehrfamilienhäuser am Balsberg in Kloten wurden eingereicht. Läuft alles nach Plan, erfolgt die Sanierung in Etappen ab Frühling 2014. Die Energieeffizienz ist aber nur ein Teilaspekt der Sanierung: Unter anderem müssen die Bau- und Brandschutzvorschriften eingehalten werden. Darüber hinaus soll der architektonische Stil der Gebäude erhalten werden und nach der Sanierung noch erkennbar sein. Im Zuge der Modernisierung werden auch die Bäder und Küchen erneuert.
Ausserdem muss der Immobilienbesitzer auch an die Mieterinnen und Mieter denken, die hier am Balsberg in einem intakten Quartier wohnen, und bleiben möchten. Die meisten von ihnen haben die Möglichkeit, während der Sanierungsarbeiten in ihren Wohnungen zu bleiben. Nicht zuletzt sollen die Gebäude eine gute Rendite erzielen. Tiefe Nebenkosten und hoher Wohnkomfort wollen die Vermieter nach der Gesamtsanierung dank der Umsetzung der Geak-Plus-Variante anbieten.
Geak
Der Geak ist der offizielle Gebäudeenergieausweis der Kantone. Er zeigt zum einen, wie energieeffizient die Gebäudehülle und Haustechnik sind, und zum anderen, wie viel Energie ein Gebäude bei einer Standardnutzung benötigt. Die Bewertung wird mit der Energieettikette in sechs Effizienzklassen ausgewiesen:
Die Effizienz der Gebäudehülle beschreibt die Qualität von Wand, Dach, Boden und Fenster bezüglich ihres Wärmedämmvermögens, ihrer Dichtigkeit und des möglichen Sonnenenergiegewinns. Ebenfalls einbezogen werden Wärmebrücken. Die Gesamtenergieeffizienz umfasst neben dem Heizwärmebedarf auch die Gebäudetechnik – sprich die Wärmeerzeugung inklusive Warmwasser – und den Elektrizitätsbedarf.
Geak Plus
Seit Herbst 2012 gibt es neu den Geak Plus. Er ist ein ideales Instrument für alle, die ein Gebäude energetisch modernisieren möchten. Experten erstellen einen Beratungsbericht mit bis zu drei Modernisierungsvarianten. Zudem gibt es seit diesem Jahr auch den Geak für
Neubauten
Gebäudeeigentümern wird empfohlen, für die Erstellung eines Geak Plus für Mehrfamilienhäuser mehrere Offerten bei verschiedenen Geak-Experten anzufordern. Die Erstellung eines Geak oder eines Geak Plus wird übrigens in einigen Kantonen gefördert.
www.geak.ch bietet umfangreiche Informationen sowie eine Geak-Expertenliste für die ganze Schweiz.
©Text: Anita Niederhäusern, im Auftrag des GEAK
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