"Wir sind überzeugt, dass der allergrösste Teil der Energiewende von den KMU in der Schweiz geleistet werden wird," Stefan Batzli, Geschäftsleiter der A EE.

A EE: Neue Energiepolitik ist auch Wirtschaftspolitik

(©AN) Am heutigen Medienanlass begrüsste die A EE die neue klare Ausrichtung der Energiepolitik auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Die Dachorganisation, der mittlerweile 22 Brancheverbände mit mehr als 15’000 Unternehmen angehören, fordert indes Verlässlichkeit und Stabilität bei der Förderung. Ein Gespräch mit Stefan Batzli, Geschäftsleiter der A EE.


Herr Batzli, die A EE setzt sich für die Förderung erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz ein. Nun fokussieren Sie sich auf die Wirtschaftspolitik. Ist die A EE auch ein Wirtschaftsverband?
Energiepolitik ist immer auch Wirtschaftspolitik. Und gerade die neue Energiepolitik ist Schweizer KMU-Wirtschaftspolitik. Unsere Hauptaufgabe ist die Vertretung der Interesse der Branche der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz gegenüber Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit. Das heisst: Wir kämpfen tagtäglich für bestmögliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.

Welche Verbände sind dabei die wichtigsten?
Im Bereich erneuerbare Energien sind das sicher Swissolar, Suisse Eole, Holzenergie Schweiz, die Kleinwasserkraft und die Schweizerische Vereinigung für Geothermie. Der Bereich Effizienz wird mit Verbänden wie Gebäudehülle Schweiz, Suissetec, dem Verband der Maler und Gipser, aber auch dem Verein Minergie immer wichtiger. Wir als Dachverband vertreten gegenüber der Politik die Interessen all dieser Verbände. Mehr als 15’000 Unternehmen sind über unsere Mitgliedsverbänden organisiert.


Die heutige Pressekonferenz haben Sie u.a. auch mit der SIA durchgeführt. Warum gerade die SIA?
Durch unsere Grösse erhalten wir immer mehr Gewicht und werden auch als interessanter Partner wahrgenommen. Die SIA vertritt im Bereich Hausbau, Modernisierung und Gebäudehülle dieselben Interessen wie wir, daher der gemeinsame Auftritt. Gerade diese beiden Bereiche spielen bei der Umsetzung der Energiewende eine zentrale Rolle. 49 % des Verbrauchs fossiler Energien und 37 % des Stroms wird zum Heizen und Betreiben der rund 1.6 Millionen Gebäude der Schweiz benötigt. Der Gebäudepark ist sehr wichtig, hier haben wir die grösste Hebelwirkung: Es geht um den effizienten Neubau, aber auch um die Effizienzsteigerung bei den Modernisierungen von Gebäuden. Wird sie gut gemacht, wird das Gebäude von der Drecksschleuder und dem Energiefresser zum Kraftwerk. Das ist unser Ziel.

Welche Aufgaben können diese KMU im Rahmen der Energiewende übernehmen?
Wir sind überzeugt, dass der allergrösste Teil der Energiewende von den KMU in der Schweiz geleistet werden wird. Das Gewerbe wird die Ziele des Bundesrat umsetzen: von der Wärmedämmung über die Gebäudetechnik und Steuerung bis hin zur Energieproduktion auf und am Gebäude. Das alles betrifft das Gewerbe in der Schweiz, die Bereiche Gebäudetechnik, Hausbau und Gebäudehülle, Planung… und betrifft somit auch unsere Mitglieder.

Der Bundesrat hat die Botschaft zur Energiestrategie 2050 veröffentlicht. Welche Punkte freuen Sie?
Der Grundton ist absolut revolutionär: Der Fokus der Energiepolitik liegt erstmals klar auf der Energieeffizienz einerseits und auf der erneuerbaren Energieversorgung andererseits. Die Tage der zentralen Grosskraftwerke, einer einseitig auf fossilen und nuklearen Energieträgern basierenden Energieversorgung sind gezählt..

Welche Lücken haben Sie in der Botschaft ausgemacht?
Der Bundesrat hat in seiner Arbeit das gesetzlich geregelt was ihm im Rahmen des Föderalismus möglich ist. Er hat das mehr oder weniger fortschrittlich gemacht, denn er hätte auch noch ein „Zaggen“ mehr geben können. Die neue Energiepolitik ist aber in vielen Bereichen, gerade was den Bau und das Sanieren von Gebäuden angeht, auf die Mitarbeit der Kantone und Gemeinden angewiesen. Die Gemeinden und Städte sind in unseren Kernbereichen schon sehr fortschrittlich. Gefordert sind jetzt auch und vor allem die Kantone, die Empfehlungen des Bundesrates umzusetzen. Ohne das aktive und koordinierte Mitwirken der Kantone, wird die Energiestrategie 2050 nicht funktionieren.

Was wir als A EE zudem fordern, ist die Verlässlichkeit der Förderung. Unsere Unternehmen und mit ihnen auch die Investoren brauchen Sicherheit, dass die Förderung in den nächsten Jahren Bestand hat. Nur so kann die erneuerbare Stromproduktion von heute rund 60 % bis 2050 auf 85 % erhöht werden. Das System der Kostendeckenden Einspeisevergütung KEV hat sich bewährt und wir sind auch einverstanden, dass die Leistung ausgebaut wird, das ist zwingend und richtig. Hingegen führen die in der Botschaft präsentierten Zusatzmassnahmen wie Direktvermarktung, Verbot einzelner Kraftwerkstypen und auch die Auktionen für die Strompreisermittlung bei privaten und institutionellen Anlegern nur für Verunsicherung. Das hemmt die Investitionsbereitschaft, weil die vielen Sonderkonditionen kaum mehr verständlich sind. Nur wenn das Einspeisesystem einfach bleibt, ist das anvisierte Ziel von 10 Milliarden Kilowattstunden erneuerbarem Strom erreichbar. Unbestritten ist, dass das Ausbauziel technisch und fachlich von unserer Branche geleistet werden kann.

©Interview: Anita Niederhäusern

Beurteilung der Botschaft des Bundesrates zur Energiestrategie 2050 aus Sicht der Schweizer Bauwirtschaft und der A EE

  • Für eine erfolgreiche Energiewende braucht es eine integrierte Sichtweise: Die Ziele in den Bereichen Klimapolitik, Energiepolitik und Raumplanung müssen ganzheitlich verstanden und miteinander vernetzt werden.

  • Nur Beständigkeit bei Lenkungs- und Vergütungsmassnahmen sowie stabile gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen die nötige Investitionssicherheit.

  • In der Botschaft des Bundesrates fehlen gänzlich klare und verpflichtende Ziele für den Zubau von erneuerbarer Wärme und die Optimierung der Gebäudetechnik. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

  • Bei Gebäudesanierungen soll die Sanierungsrate von heute 1 % auf 3 % erhöht werden. Die CO2-Abgabe zur Gebäudesanierung muss somit auf CHF 84.- pro Tonne CO2 angehoben werden.

  • Der Kostendeckel zur Finanzierung der Einspeisevergütung (KEV) soll erhöht werden. Das Einspeisesystem muss einfach bleiben und Investitionssicherheit gewährleisten.

  • Die öffentliche Hand (Bund, Kantone und Gemeinden) muss bei eigenen Gebäuden noch viel stärker und innovativer als bisher ihre Vorbildfunktion wahrnehmen und diese darstellen.

  • Die Revision der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKen 2014) muss vor allem auf die CO2-freie Gebäudetechnik und die Transformation der Altbauten zielen. Hier sind die Kantone massiv gefordert.

  • Für die zügige Ausführung energetischer Altbausanierungen braucht es gut ausgebildete Fachleute. Hervorragende Angebote in Grundbildung, höherer Berufsbildung und Weiterbildung im Bereich der Gebäudetechnik sind dafür Voraussetzung. Es braucht jetzt dringend eine Bildungsoffensive.

  • Für die Erreichung der Effizienzsteigerungsziele im Gebäudebereich muss die gesamtenergetische Betrachtung und Betriebsoptimierung in den Fokus gerückt werden. Hier besteht bei den Kantonen Handlungsbedarf.

Text: A EE

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