Verschiedenste Verbände haben nach der Bekanntmachung der Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 durch den Bundesrat diese kommentiert. Bild: economiesuisse

Energiestrategie 2050: Kommentare der Verbände

(PM) Verschiedenste Verbände haben nach der Bekanntmachung der Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 durch den Bundesrat diese kommentiert. So auch der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), economiesuisse und der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE).


VSG: Bedeutung von Erdgas für die Stromproduktion erkannt
Der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der Bund bei der Energiestrategie 2050 nachgebessert hat und insbesondere die Bedeutung der Gasnetze erkannt hat. Der Bundesrat hat die Bedeutung von Erdgas für die Stromproduktion bestärkt. Es bleibt aber weiterer Handlungsbedarf, insbesondere im Bereich der Wärmekraftkopplung.

"Wir stellen befriedigt fest, dass der Bund die Bedeutung der Gasnetze endlich erkannt hat", sagt VSG-Präsident Hajo Leutenegger in einer ersten Reaktion. Im Vernehmlassungsentwurf waren sie noch komplett vergessen gegangen. Inzwischen hat der Bund das Thema aufgenommen und anerkennt, dass die Gasnetze eine zentrale Rolle bei der Lösung der Speicherproblematik übernehmen können, die sich aus dem Umbau des Energiesystems hin zur verstärkten Nutzung von Sonne und Wind ergeben. Eine Hochdruckleitung kann zehnmal mehr Energie mit weniger Verlusten transportieren als eine Hochspannungsleitung. Und das rund 18'500 Kilometer lange Gasnetz kann im Unterschied zum Stromnetz auch Energie speichern. Schon heute gibt es breit erprobte Technologien, die es ermöglichen, zum falschen Zeitpunkt anfallenden Wind- und Solarstrom in erneuerbares Gas umzuwandeln und via Erdgas-Netz zu nutzen. In Fachkreisen ist von Power to Gas die Rede.



Gasnetz als Speicher von überschüssigem Strom
Die Schweizer Gaswirtschaft geht dabei als Pionierin voran. Vor einer Woche wurde im norddeutschen Falkenhagen zusammen mit dem deutschen Energiekonzern E.ON eine erste entsprechende Pilotanlage in Betrieb genommen. Dabei wird überschüssige Windenergie in Wasserstoff umgewandelt und im Erdgas-Netz gespeichert. So kann sie für Wärme, Prozessenergie in der Industrie, Mobilität oder auch für die Erzeugung von Strom genutzt werden. Bundesbern war bei der Eröffnung ebenfalls prominent vertreten. Die Förderung erneuerbarer Gase in der Schweizer Gaswirtschaft hat Tradition. Sie hat bereits beim Biogas mit der ersten Einspeisung 1997 und der Schaffung eines Förderfonds bedeutende Anstrengungen in diese Richtung unternommen.

Weitere Schwachstellen bereinigen
Gleichzeitig besteht hinsichtlich verschiedener Fragen noch Verbesserungs- und Klärungsbedarf. Die Botschaft des Bundesrates anerkennt die Bedeutung der Wärmekraftkopplung. Durch die gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme mit Erdgas können Nutzungsgrade von über 90 Prozent erreicht werden, was mit Grosskraftwerken nicht möglich ist. Das wäre aber vor allem deshalb zentral, weil WKK-Anlagen insbesondere in den Wintermonaten notwendig sein werden. Dementsprechend sind Ansätze für bessere Rahmenbedingungen enthalten. Die Frage, inwieweit die vorgeschlagenen Massnahmen praktikabel sind, muss vertieft geprüft werden. Das Prinzip der Vergütung nach dem Marktpreis im Zeitpunkt der Einspeisung würde übermässigen Aufwand zur Folge haben. Der Anwendungsbereich der Teilbefreiung von der CO2-Abgabe sollte zudem breiter sein.

Aus Sicht der Gaswirtschaft wird nach wie vor zu wenig nach Energieträgern differenziert: So werden Öl und Gas in einen Topf geworfen. Durch die fast ausschliessliche Fokussierung auf erneuerbare Energien im Bereich neuer Gebäude wird verkannt, dass sich mit dem Ersatz einer Öl- durch eine Gasheizung 25 Prozent CO2 einsparen lassen.

Es ist leicht absehbar, dass noch mindestens für eine Heizungsgeneration zu wenig erneuerbare Elektrizität zur Verfügung steht. Deshalb wären zusätzliche elektrische Wärmepumpen im Winterhalbjahr gänzlich mit Importstrom zu versorgen. Dies ist auch klimapolitisch fragwürdig, da dieser zusätzliche Importstrom vornehmlich aus Kohlekraftwerken stammt.

economiesuisse: Nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung
Die heute vom Bundesrat verabschiedete Botschaft zur Energiestrategie ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Die Abkehr von überambitionierten Zielen für die nächsten 40 Jahre und die stärkere Ausrichtung der Energiepolitik am Markt ist aus Sicht der Wirtschaft positiv. Für den Standort Schweiz stehen eine hohe Versorgungssicherheit und international wettbewerbsfähige Energiepreise im Vordergrund. Dennoch bleiben verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten, die in der parlamen-tarischen Beratung angegangen werden sollen. Dazu gehören die stärkere Einbettung in die internationalen Energiemärkte und das bilaterale Stromabkommen mit der EU, welches Teil der Energiestrategie werden muss. Nur so können die hohe Versorgungssicherheit gewahrt und die Chancen der Stromdrehscheibe Schweiz weiter genutzt werden.

Der heute vorgelegte Grundlagenbericht zur zweiten Etappe der Energiestrategie zeigt den engen Spielraum für steuerliche Alleingänge der Schweiz. economiesuisse ist erleichtert, dass der Bundesrat die Bedenken der Wirtschaft aufgenommen hat und von einer ökologischen Steuerreform absieht. Klar ist: Einschneidende Massnahmen schaden dem Standort Schweiz, aber ohne weitere Massnahmen können die Ziele der bundesrätlichen Strategie nicht erreicht werden. Eine rollende Planung und eine regelmässige Überprüfung und Anpassung der Ziele sind deshalb unumgänglich.

VSE: Weniger Plan, dafür mehr Markt und Gesamtbetrachtung
Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) begrüsst, dass der Bundesrat die Schweizer Energiepolitik verstärkt auf Effizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien ausrichten will. Die in der heutigen Botschaft zur Energiestrategie 2050 vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sind jedoch noch zu ergänzen. Notwendig sind eine Gesamtbetrachtung anstelle isolierter Einzelmassnahmen und klare Rahmenbedingungen für Marktlösungen. Fehler, wie sie mit der deutschen Förderpolitik gemacht werden, müssen vermieden werden.

Energie ist nicht nur Strom

Der VSE teilt die Auffassung von Frau Bundesrätin Leuthard, dass Energie nicht nur Strom ist. Stromproduktion, Speicherung und Netze bilden ein Gesamtsystem und sind deshalb und zum Erhalt der Versorgungssicherheit als wichtiger Schweizer Standortvorteil aufeinander abzustimmen. Die bundesrätlichen Vorschläge erfüllen diese Anforderung noch nicht. Es fehlen namentlich Rahmenbedingungen für Investitionen in zentrale und dezentrale Speicher (z.B. Pumpspeicherkraftwerke) sowie den zeitgerechten Ausbau des Stromnetzes. Diese fehlende Abstimmung führt zu Ungleichgewichten und verringert damit die Versorgungssicherheit.

KEV

Die Änderungen bei der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) gehen in die richtige Richtung. Die Förderung erneuerbarer Energien ist jedoch konsequent auf deren rasche Markintegration auszurichten. Es braucht deshalb eine grundlegende Reform der KEV, damit subventionierte erneuerbare Energien (v.a. Wind und Photovoltaik) in das Gesamtsystem integriert werden können und zur Versorgungssicherheit beitragen. Zudem muss sichergestellt werden, dass durch die KEV geförderte erneuerbare Energien die Wirtschaftlichkeit der ebenfalls erneuerbaren, nicht subventionierten und klimaschonenden Wasserkraft nicht gefährden.

Der VSE weist dabei auch auf die strategisch wichtige Bedeutung des Stromabkommens mit der EU hin. Auch ist die heute vorgestellte Energiepolitik auf die Strategie Stromnetze des Bundes abzustimmen, die sich erst in Erarbeitung befindet.

Einsparquotenmodell für Elektrizitätsversorgungsunternehmen
Das vorgeschlagene Einsparquotenmodell für Elektrizitätsversorgungsunternehmen ist ein bürokratisches Zwangsinstrument und missachtet das Verursacherprinzip. Der VSE lehnt es entschieden ab und ist gleichzeitig erstaunt darüber, dass der Bundesrat trotz breiter Ablehnung in der Vernehmlassung an diesem Instrument festhält. Zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz, welche auch aus Sicht des VSE prioritär ist, sind bereits eingeführte und bewährte Instrumente systematisch auszubauen. Der VSE ist in diesem Sinne bereits aktiv geworden. Er hat in Zusammenarbeit mit der Energieagentur der Wirtschaft (EnaW) das Instrument der Zielvereinbarung auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ausgedehnt. Ferner hat der VSE eine neue Ausbildung zum eidg. dipl. Effizienz- und Energieberater konzipiert. Adäquat ausgebildete Fachleute bilden eine wichtige Voraussetzung für das Entstehen eines funktionierenden Marktes für Effizienzdienstleistungen. Es ist nun am Parlament, eine system- und markgerechte Gesetzesvorlage zu erarbeiten, welche volkswirtschaftlich tragbar ist.

Text: Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), economiesuisse und der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE)

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