Getagt wurde in dem vom japanischen Architekturbüro SANAA konzipierten Rolex Learning Center, das bezüglich Infrastruktur – hier eine Ladestation – wohl kaum noch Wünsche offen lässt. ©Fotos: T. Rütti

Zlatina Dimitrova (EPFL) bot Zahlenmaterial als Entscheidungshilfe beim Festlegen von «energetischen Konzepten für Autos unter Berücksichtigung von ökonomischen-ökologischen Aspekten».

Aurélie Glérum (EPFL) machte aufgrund von Statistiken eine «Vorhersage der Nachfrageentwicklung nach Elektrofahrzeugen in der Schweiz». Sie brachte das Tagungsthema auf den Punkt.

Zu begutachten gab es den Prototyp BioMobile.ch, bei dem die CO2-Emissionen in jeder Hinsicht extrem gering sind. Für die Herstellung wurden vorwiegend «grüne» Materialien verwendet.

e'mobile: Von Ökostromvignette und Stromlabel

(©TR) Die e’mobile-Jahrestagung 2013 fand in Zusammenarbeit mit der ETH Lausanne (EPFL) statt: Getagt wurde in dem vom japanischen Architekturbüro SANAA konzipierten Rolex Learning Center, das sich in der EPFL- Nachbarschaft befindet und bezüglich Infrastruktur wohl kaum noch Wünsche offen lässt. Tagungsthema: «Nachhaltigkeit im Verkehr – eine Herausforderung für die Forschung».

Anschauungsunterricht bot an der Jahrestagung des Schweizerischen Verbands für elektrische und effiziente Strassenfahrzeuge eine Ausstellung von energieeffizienten Gefährten. Zu begutachten gab es unter anderem den Prototyp BioMobile.ch, bei dem die CO2-Emissionen in wirklich jeder Hinsicht extrem gering sind. Für die Herstellung wurden vorwiegend «grüne» Materialien verwendet. Dabei wurden gewisse Technologien eigens für dieses Modell entwickelt, etwas das Basismaterial der Aussenhaut: Fasern von der Bananenbaumrinde. Die nächste Stufe besteht wohl darin, auch noch die strukturellen Teile durch erneuerbare Produkte zu ersetzen. Als Kraftstoff dient ein aus organischen Abfällen hergestelltes Biobenzin. Der Verbrauch des BioMobile.ch liegt für dieses keine 30 kg wiegende Fahrzeug bei der unvorstellbar geringen Menge von 0.12 Liter pro 100 km! Spitzengeschwindigkeit, ebenfalls gemäss HES-SO (University of Applied Sciences Western Switzerland): 60 km/h. Die «grüne» Bolide soll an Rennen wie dem Shell Eco-Marathon teilnehmen.

Energiegeladener Cityspezialist kommt auf die Strasse

Eher vorstellbar für den Alltagsgebrauch sind eine ganze Reihe von Neuentwicklungen der Automobilindustrie. Sie überrascht zusammen mit der Forschung der Universitäten ebenfalls mit bemerkenswerten technologischen Neuheiten. So auch der neue e-up! von Volkswagen, um hier nur eines der kommenden Modelle zu nennen. Ein Zitat ab dem VW-Flyer: «Mit dem neuen e-up! rollt ein energiegeladener Cityspezialist auf die Strasse. Der kompakte Viersitzer fährt zu 100% mit Strom und beeindruckt dabei mit einer Reichweite von 160 und einer hervorragenden Alltagstauglichkeit.» Dieser VW-Newcomer hat ein Drehmoment von 210 Nm und wird von einem Elektromotor mit 82 PS/60 kW Spitzenleistung angetrieben. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt er in 12.4 sec und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, wie Dr. Andreas Lassota erklärte.


Ökostromvignette und Stromlabel «naturmade»
Von e'mobile bekam der Leiter e-Mobilität bei Volkswagen die Gelegenheit, den schätzungsweise 130 Teilnehmenden die Nachhaltigkeitsstrategie des Wolfsburger Konzerns beliebt zu machen. Sie wurde unter den Slogan «Think Blue» gestellt. Aufladen kann man solche Elektrofahrzeuge beispielsweise

  • mit einer herkömmlichen 230-Volt-Steckdose mit 1,8 kW per serienmässigem Basisladekabel;
  • über eine zu Hause installierte Wallbox mit 3.6 kW;
  • über das serienmässige Combined-Charging-System an der Gleichstrom-Schnellladesäule mit bis zu 40 kW, die eine 80%-Ladung innerhalb einer halben Stunde ermöglicht.

Nur wer sein Elektrofahrzeug mit Strom aus erneuerbaren Quellen lädt, ist CO2-neutral unterwegs.

Vom
Förder- zum Lenkungssystem
Über geltende und künftige Rahmenbedingungen und speziell die Energiestrategie 2050 referierte Martin Sager, Leiter Sektion Mobilität beim Bundesamt für Energie (BFE). Vom Fördersystem zum Lenkungssystem, das ist es unter anderem, was uns schon ab 2020 erwartet, wenn die Förderprogramme allmählich auslaufen. Für Personenwagen wird es zu einer Verschärfung der CO2-Zielwerte von heute 130 g CO2/km auf 95 g CO2/km kommen, und zwar in Abstimmung mit der Gesetzgebung in der EU. Für leichte Nutzfahrzeuge sollen die CO2-Zielwerte ebenfalls in Abstimmung mit der EU festgelegt werden. Erhöht werden muss die Energieeffizienz, desgleichen die Nutzung der nachhaltigen Energiequellen – und zwar in restlos allen Bereichen. Bezogen auf die Elektromobilität erfordert der Klimawandel eine höhere Effizienz des Elektromotors, leistungsfähigere Technologien, Plug-in-Fahrzeuge und eine grössere Fahrzeugauswahl. Vonnöten ist laut Martin Sager die sogenannte Dekarbonisierung: Die heute eingesetzten fossilen Energieträger sind kohlenstoffhaltig, weswegen Kohlendioxid bei ihrer Verbrennung entsteht. In der Atmosphäre verursacht es gemäss vorherrschender wissenschaftlicher Ansicht grosse Klimaschädigungen. Also liegt es nahe, im Sinne einer Klimaschutzstrategie den Einsatz von kohlenstoffhaltigen Energieträger so weit wie möglich raschestens zurückzudrängen.

«
Zwingend die Reduktion der Treibhausgase bewirken»
Rolf Hogan von der Vereinigung RSB, die sich für biogene Treibstoffen stark macht, formulierte resümierend folgende Forderungen: «Aus Biomasse erzeugte Produkte müssen zwingend die Reduktion der Treibhausgase bewirken, die Biodiversität fördern, Umweltdienstleistungen erbringen, die Ressourcen nachhaltig nutzen sowie die lokalen Gemeinschaften und Menschenrechte respektieren.» Dass Frauen in der männerdominierten Elektromobilitätsbranche mindestens Ebenbürtiges zu bieten haben, was Fachwissen und Kompetenz angeht, zeigten Zlatina Dimitrova und Aurélie Glérum, beide EPFL-Vertreterinnen. Sie warteten mit einem ganzen Strauss an Zahlenmaterial und Statistiken auf. Dies zum einen als Entscheidungshilfen beim Festlegen von «energetischen Konzepten für Autos unter Berücksichtigung von ökonomischen-ökologischen Aspekten» und zum anderen zur «Vorhersage der Nachfrageentwicklung nach Elektrofahrzeugen in der Schweiz» – so die Titel ihrer Referate. Damit brachten sie das Tagungsthema auf den Punkt: «Nachhaltigkeit im Strassenverkehr – Herausforderung für Forschung und Markt» und bewiesen, dass die ETH Lausanne (EPFL) mit ihren Aktivitäten im Bereich des nachhaltigen Verkehrs voll auf Kurs ist.

30 laufende Forschungsprojekte
Dies hatte zuvor auch Dr. Michaël Thémans, Vizedirektor des Centre de Transport (EPFL) dargelegt und dabei aufgezeigt, wie ernst die ETH Lausanne ihre Rolle als Schnittstelle nimmt. Alle Fachkompetenzen der EPFL würden auf dem Gebiet des Verkehrs zusammengeführt: 30 laufende Forschungsprojekte mit 14 involvierten Abteilungen seien beteiligt und die Projekte würden zusammen mit externen Partnern realisiert, wie etwa Peugeot-Citroën, Renault oder Nissan. «Der Technologietransfer geschieht auch durch das Initiieren von Partnerschaften zwischen Industrie und öffentlicher Hand. Nicht ausser Acht gelassen werden dabei die Veränderungen in Mobilitätsverhalten und Lebensstil sowie die steigenden Mobilitätsbedürfnisse.

Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit
Yves Lehmann, Präsident des Verbandes e‘mobile, wünschte sich, all die positiven Fakten wären in der Schweiz allgemein bekannter und würden so für mehr Popularität der Elektromobilität sorgen. Stattdessen geistern widersprüchliche Ökobilanzen, die so genannte "Reichweitenangst" und das spielverderbende Argument der höheren Investitionskosten herum. «Es braucht dringend Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit. Was es konkret auch braucht, ist einerseits eine nachhaltige Produktion von Treibstoffen und andererseits ein dichtes Netz von Ladestationen sowie vor allen Dingen die Schaffung von optimalen Rahmenbedingungen», so der e’mobile-Präsident. Ins gleiche Horn wie der Verbandspräsident stiessen am «Runden Tisch» Experten wie Dr Michaël Thémans (EPFL), Dr Julian Randall (Euresearch), Andreas Burgener (auto-schweiz), Kurt Hug (Berner Fachhochschule Biel) und Claude Mosset (Garage Claude Mosset). Diese Vertreter unserer Elektromobilitätszene suchten in der Podiumsdiskussion nach Lösungen, wie sich die reichlich vorliegenden Forschungsresultate in höhere Verkaufszahlen und bares Geld ummünzen liessen. Eine Patentlösung konnten die Fachleute an der von André Hefti (Automobil-Salon Genf) geleiteten Expertenrunde nicht ausformulieren. Vielleicht hätte man hier auch noch Frauen teilnehmen lassen sollen…

Folien der Referate >>

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert