Ankunft des Bohrkopfs im Bereich der zukünftigen Wasserfassung. Bild: Energie Schweiz

Luftaufnahme des UNESCO Weltkulturerbes, mit dem Dorf Rivaz, dem Bach Forestay, der Kraftwerkszentrale (zwischen Strasse und Ufer) und dem Verlauf der Richtbohrung. Bild: Energie Schweiz

Kleinwasserkraftwerk Rivaz II: Richtbohrung im UNESCO Weltkulturerbe

(PM) Die neue Druckleitung für das Kleinwasserkraftwerk Rivaz II am Ufer des Genfersees wird mittels einer Richtbohrung verlegt. Im vergangenen April hat der Bohrkopf sein Ziel am Ort der zukünftigen Wasserfassung auf den Quadratmeter genau getroffen. Die neue Technik erlaubte die Verlegung der Druckleitung mitten durch das UNESCO Weltkulturerbes des Lavaux.


Die Arbeiten zur Erneuerung des Kleinwasserkraftwerks begannen 2006 auf dem Gelände der alten Mühle von Rivaz. Die Peltonturbine war während 80 Jahren im Einsatz. Bei einer Fallhöhe von 63 Metern und einem maximalen Durchfluss von 180 Litern pro Sekunde erzeugte diese eine elektrische Leistung von 89 Kilowatt und produzierte im Schnitt 300‘000 Kilowattstunden pro Jahr.

Schönheit der Umgebung berücksichtigen
Romande Energie, Stromversorger und Eigentümer des Grundstücks, wollte ein Projekt entwickeln, welches die Schönheit der Umgebung berücksichtigt und sich optimal in das UNESCO Weltkulturerbe integriert. Aufgrund des Längsprofils des Baches Forestay kam die Idee auf, die Wasserfassung bis auf 183 Meter über dem Seespiegel zu verlegen. Eine Variantenstudie unter Berücksichtigung der hydrologischen Verhältnisse zeigte eine optimale Ausbauwassermenge von 500 Litern pro Sekunde. Mit 2,6 Millionen Kilowattstunden (Stromverbrauch von ca. 720 Haushalten) erhöht sich die erwartete Produktion um mehr als Faktor sieben im Vergleich zur bestehenden Anlage.

Eine Erteilung der neu erforderlichen Konzession erschien unter dem Gesichtspunkt, dass das Gebiet dem UNESCO Weltkulturerbe Lavaux angehört, eher schwierig. Dank dem Engagement von Romande Energie, in Partnerschaft mit externen Büros, der Verwaltung des Kantons Waadt, den Gemeinden und den Grundstückbesitzern, konnte 2012 jedoch eine Regelung gefunden werden.

Die Konzessionserteilung ermöglichte Romande Energie die Ausschreibung der Aufträge für die elektromechanische Ausrüstung und den Bau. Die Bauarbeiten beinhalten die Erstellung einer neuen Fassung, einer Druckleitung und einer Zentrale. Die bisherige Druckleitung konnte aufgrund der erhöhten Ausbauwassermenge nicht mehr weiter verwendet werden.

Neue Variante: Richtbohrung
Zu diesem Zeitpunkt wurde auch ein Angebot mit Richtbohrung eingereicht. Der Vorteil der Richtbohrung liegt darin, dass von einem Punkt aus (dem Ort der zukünftigen Zentrale) der Tunnel für die spätere Druckleitung gebohrt wird, ohne die Reben und die Landschaft zu beeinträchtigen.

Vor der Verlegung sind mehrere Schritte erforderlich. Zuerst wird eine Pilotbohrung durchgeführt. Der Bohrkopf ist dabei mit einem Sender ausgestattet und kann an der Oberfläche durch einen Empfänger lokalisiert werden. Damit wird eine Navigation überhaupt erst möglich.

Im April schliesslich erreichte der Bohrkopf nach einer 860 Meter langen Bohrung durch Fels, und unter Anwesenheit von verschiedenen Projektbeteiligten und Journalisten, sein Ziel bei der zukünftigen Wasserfassung.

Pilotbohrung aufbohren
In einem zweiten Schritt wird die Pilotbohrung sukzessiv mit zunehmendem Durchmesser aufgebohrt, wobei die letzte Bohrung in Gegenrichtung, also von der Fassung zur Zentrale erfolgt. Nach Erreichen des gewünschten Durchmessers von 850 Millimetern werden die Druckleitungsrohre mit 500 Millimetern Durchmesser in den Kanal eingebracht.

Bei diesem Prozess wird Bentonit (stark verdünnter Lehm) oder Wasser unter Druck in die Bohrstangen injiziert, um einerseits den Bohrer anzutreiben und andererseits das ausgehobene Material zu entfernen. Auch bei der Verlegung der Druckleitung wird Bentonit injiziert - dieses Mal jedoch mit einer grösseren Dichte um den verbleibenden Raum zwischen Druckleitung und Felsen auszufüllen.

Das Projekt Kleinwasserkraftwerk Rivaz II berücksichtigt die Anliegen verschiedener Interessensgruppen: So wird beispielsweise in den Sommermonaten tagsüber die Restwasserabgabe verdoppelt, wodurch der Charme der Landschaft für Besucher zusätzlich erhöht wird.

Kleinwasserkraftwerk Rivaz II, Anlagedaten:

  • Brutto-Fallhöhe: 183 m
  • Ausbauwassermenge: 500 l/s
  • Restwasser (Mai –Sept, 08:00 bis 21:30): 100 l/s
  • Restwasser übrige Zeit: 50 l/s
  • Klemmenleistung: 725 kW
  • Turbine Pelton: 3 Düsen
  • Investitionskosten: CHF 7‘500'000.-
  • Jahresproduktion: 2‘600‘000 kWh
  • Inbetriebnahme: 2014


Text: Energie Schweiz, Newsletter Kleinwasserkraft Nr. 20/2013

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