Denise Senn: «Die Anlagenbetreiber wurden zur Entfernung der Anlagen aufgefordert. So auch unsere Wohngenossenschaft Holeestrasse Basel.»

Guido Köhler (Alteno Solar AG): «Die Solarrichtlinien schrecken die Hausbesitzer davor ab, überhaupt Photovoltaik auf ihren Dächern zu installieren.»

Dominik Müller (Solvatec AG): «Die ‹Basler Solarrichtlinie› wurden offenbar ohne den Beizug von Praktikern der Solarbranche erarbeitet.»

Den ästhetischen Aspekten einer Anlage, egal ob Indach- oder Aufdach-PV-Anlage, wird mehr Beachtung geschenkte den technischen Erfordernissen!

Basler Grossrat Jörg Vitelli, Präsident WBG Nordwestschweiz: «Es zeigt sich nun, dass die erlassenen Richtlinien für Solaranlagen praxisfremd sind.» ©Bilder: T. Rütti

Basel: Solarrichtlinien sollen sofort aufgehoben werden

(©TR) 2009 hatte der Grosse Rat mit einem revidierten Basler Energiegesetz die Grundlage für eine eigentliche Photovoltaik-Offensive gelegt. Das Bau- und Verkehrsdepartement hatten sodann Richtlinien für die Ausführung erlassen. An einer von der Wohnbaugenossenschaft Nordwestschweiz WBG einberufenen Medienkonferenz machten sich die Verantwortlichen Luft: «Diese Richtlinien sind praxisfremd!»


Der Basler Grossrat Jörg Vitelli, Präsident WBG Nordwestschweiz, sowie weitere, an zukunftsweisenden Solarenergielösungen interessierte Basler sprachen gegenüber den Medien Klartext: «Es zeigt sich, dass die erlassenen Richtlinien für Solaranlagen praxisfremd sind und dass sie die Anlagen derart verteuern, dass diese nicht mehr rentabel betrieben werden können. Der Regierungsrat wird deshalb aufgefordert, die ‹Basler-Solarrichtlinien› sofort aufzuheben. Zudem ist ein Moratorium für abgelehnte Solaranlagen zu erlassen. Photovoltaikanlagen sollen künftig absolut bewilligungsfrei erstellt werden können, ausser in den Schutzzonen und auf denkmalgeschützten Häusern.»

Solaroffensive droht zur Farce zu
verkommen
Die Basler Solaroffensive, für die der Grosse Rat mit dem Energiegesetz im Januar 2009 die Grundlage geschaffen hatte, drohe zur Farce zu verkommen, meinten beispielsweise Dominik Müller von der Solvatec AG und Guido Köhler von der AltenoSolar AG: «Die vom Bau- und Verkehrsdepartement ausgearbeiteten Basler-Solarrichtlinien haben sich nicht nur als praxisfremd erwiesen, etwa indem sie die Anlagen unnötig verteuern. Vielmehr schrecken sie auch ganze viele Hausbesitzer davor ab, überhaupt Photovoltaik auf ihren Dächern zu installieren.» Dies widerspreche der Energiestrategie 2050, die vom Bundesamt für Energie BFE formuliert worden war.

Politischer Wille: bewilligungsfreie Errichtung von PV-Anlagen
Die Idee und der politische Wille der Solaroffensive war, Photovoltaikanlagen bewilligungsfrei erstellen zu dürfen. Also installierten Liegenschaftsbesitzer solche Anlagen auf ihren Dächern, in der Meinung, sich auf dem richtigen energiestrategischen Weg zu befinden. «Dann hiess es völlig unvermittelt und willkürlich, die Anlagen entsprächen nicht den Basler-Solarrichtlinien. Also wurden nachträgliche Baugesuche verlangt. Diese wiederum wurden vom Bau- und Gastwirtschaftsdepartement abgewiesen, mit dem Hinweis, die betreffenden Anlagen liefen den Solar-Richtlinien zuwider. Folglich wurde das Entfernen der Anlagen angeordnet», heiss es gegenüber den Journalisten. Davon betroffen ist auch die Wohngenossenschaft Holeestrasse Basel, wo die Medienkonferenz abgehalten wurde. Völlig unverständlich ist dies für die Präsidentin dieser Wohngenossenschaft. Denise Senn: «Verlangt wird, dass wir unsere Anlage bis Ende Oktober 2013 von den Dächern entfernen. Wieso genau wissen wir auch nicht.»

«Solaranlagen bedürfen keiner Bewilligung mehr»

Die Wohnbaugenossenschaften Nordwestschweiz kritisieren diese Amtspraxis in jeder Hinsicht und scharf. Die Richtlinien hätten weder Gesetzes- noch Verordnungscharakter, so Grossrat Vitelli. Zudem werde im neuen Raumplanungsgesetz Art. 18a festgehalten, für Solaranlagen sei keine Bewilligung mehr erforderlich. Basel-Stadt widersetzt sich laut Grossrat Vitelli offensichtlich diesem Gesetz. Von Willkür war an der Medienkonferenz wiederholt die Rede. Gefordert wird von der Basler Regierung nun

  • die sofortige Aufhebung der Basler-Solarrichtlinie
  • ein Moratorium für abgelehnte Anlagen
  • die Bewilligungsfreiheit für PV-Anlagen (ausgenommen in Schutzzonen und bei denkmalgeschützten Häusern).

«Kantonale KEV» im Gesetz verankert
Mit der Revision des Energiegesetzes hatte der Grosse Rat eine «kantonale KEV» gesetzlich verankert, damit ein Anreiz geschaffen werde, auf städtischem Gebiet Photovoltaik-Anlagen zu erstellen. Und zwar in grosser Zahl. Diese kantonale KEV, hat, zusammen mit der Verbilligung von Solarpanels, viele private Hausbesitzer und auch Wohngenossenschaften dazu bewogen, Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern zu installieren, so auch die Wohngenossenschaft Holeestrasse Basel. Das Wirtschafts- und Sozialdepartement hat ein Projekt der Wohngenossenschaften und der Energie Zukunft Schweiz gefördert. Ziel: Die Errichtung von PV-Anlagen auf möglichst vielen Dächern der Wohngenossenschaften.

Nachträgliche Baugesuche eingefordert

Die Gesuche für Photovoltaikanlagen werden vom Amt für Umwelt und Energie (AUE) geprüft, zwecks Bewilligung von Förderbeiträgen. Nach der Installation werden die Anlagen von den Industrielle Werke Basel abgenommen und für die Einspeisung freigegeben. Erst dann wurden vom Bau- und Gastgewerbeinspektorat nachträgliche Baugesuche eingefordert. Nach Ablehnung der Gesuche wurden die Anlagenbetreiber zur Entfernung der Anlagen aufgefordert. Betroffen davon ist auch die Wohngenossenschaft Holeestrasse Basel.

Baugesuche für über 90%?

Der Effekt ist heute, dass für über 90% der geplanten Basler Photovoltaik-Anlagen Baugesuche eingereicht werden müssen, für welche laut Jörg Vitelli «nach gesundem Menschenverstand und Ermessen» keine Bewilligungen notwendig wären. Viele dieser Baugesuche wurden abgewiesen mit dem Hinweis, die Solar-Richtlinie würden hier leider nicht eingehalten. Werden die Anlagen im Wortlaut und Sinn der Richtlinie erstellt, fallen sie flächenmässig so klein aus, dass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist. Erkundigungen sollen ergeben haben, dass die «Basler Solarrichtlinien» ohne den Beizug von Praktikern der Solarbranche erarbeitet wurden, wie dies Dominik Müller und Guido Köhler erklärten. Völlig absurd sei, dass den ästhetischen Aspekten einer Anlage, egal ob Indach- oder Aufdach-PV-Anlage, unvergleichbar mehr Beachtung geschenkte werde als den technischen Erfordernissen! Technische Gesichtspunkte würden bei der Beurteilung ausser Acht gelassen.

Eine Motion und eine Interpellation wurden eingereicht

Vom Basler SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner wurde der Regierung die «Motion betreffend Bewilligungsbefreiung für Solaranlagen» eingereicht, mit der «Einladung», Gesetz, Verordnung und Richtlinien «stufengerecht und unverzüglich» anzupassen. Grossrat Jörg Vitelli hat soeben seinerseits eine «Interpellation betreffend fragwürdige Richtlinien für Solaranlagen» eingereicht. Will heissen: Es wird Druck gemacht.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

show all

1 Kommentare

Georg Hanselmann

Da haben wir es wieder einmal ganz deutlich. Zuerst wird man gewählt, dann kommt die Atom-Lobby, dann kommt die menschliche Dummheit der Politiker, das heisst Volks Vertreter. Einfach machen und die Behörden nicht beachten ist die beste Strategie.

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert