Auch Leclanché in Yvedon-les-Bains führt neben den kunden- spezifischen Batteriesystemen auch moderne Lithium-Ionen-Lösungen in seinem Portfolio. Das Unternehmen meistert zur Zeit finanzielle schwierige Zeiten. ©Foto: Leclaché

Batterien: Wettlauf um den effektivsten Akku

(©SR) Unter den Anbietern von Solarspeichern kommt Streit auf um die vorherrschende Technik. Einige sehen Bleibatterien im aufkommenden Markt vorne: Sie sind bewährt und in der Anschaffung relativ günstig, so das Argument. Dennoch setzen die meisten Anbieter auf die wenig erprobten, aber leistungsstärkeren Lithium-Ionen-Akkus. Sind Bleispeicher ein Auslaufmodell?


Gute Nachrichten für die Speicherindustrie: Nach einer aktuellen Analyse des Marktforschungsunternehmens IHS steht der Markt für Photovoltaik-Speicher vor einem Boom. Allein in Deutschland soll die Gesamtleistung von derzeit acht auf 4900 Megawatt im Jahr 2017 steigen. Der Erfolg der Speicher ist jedoch an eine Bedingung geknüpft: Sie müssen sich innerhalb der angesetzten Lebenszeit einer Solaranlage von 20 Jahren rechnen und über die Jahre sicher in Hauskellern betreiben lassen.

Blei-Säure- oder Blei-Gel-Akkus

Was liegt da näher, als auf bewährte Blei-Säure- oder die moderneren Blei-Gel-Akkus zurückzugreifen? Sie sind in der Anschaffung günstiger als die neuartigen Lithium-Ionen-Batterien und haben bei Sicherheitsstandards einen entscheidenden Vorteil: Sie werden seit Jahren in der unterbrechungsfreien Stromversorgung eingesetzt, zum Beispiel in Krankenhäusern. Deshalb gibt es fundierte Erfahrungswerte, die für Lithium-Ionen-Batterien bisher fehlen. Aussagen über die Lebensdauer der Lithiumtechnik, die mögliche Zyklenzahl oder Restkapazitäten nach einer bestimmten Zeit stammen aus relativ kurzen Alterungstests unter Extrembedingungen, die dann auf 20 Jahre hochgerechnet werden. „Im Moment gibt es keine Alternative zu Bleibatterien“, sagt der für die Geschäftsentwicklung zuständige Manager André Haubrock vom Briloner Batteriehersteller Hoppecke.


3000 oder 7000 Ladezyklen?
Der Bonner Solarkonzern Solarworld sieht das genauso. Er verbaut in seinen aus Photovoltaikanlage und Speicher bestehenden Eigenstromlösungen ausschliesslich Bleitechnik. „Alles andere rechnet sich für die Kunden nicht“, sagt Solarworld-Sprecher Milan Nitzschke. Doch im Speichergeschäft scheinen die Anschaffungskosten nicht das alleinige Kriterium zu sein. Immer mehr Anbieter von Photovoltaik-Speichersystemen setzen Lithium-Ionen-Batterien ein, weil ihr technisches Potenzial weitaus grösser ist als das der Bleiakkus. Sie können auf weniger Raum mehr Sonnenstrom speichern, versprechen eine längere Lebensdauer und eine höhere Effizienz. Nach Angaben des Batterieexperten Eric Maiser vom Maschinenbauverband VDMA büssen Bleiakkus nach rund 3000 vollständigen Lade- und Entladezyklen an Kapazität ein, ein auf stationäre Anwendungen optimierter Lithium-Ionen-Akku hingegen schafft bis zu 7000 Vollzyklen. „Lithium-Ionen-Batterien kämpfen weniger mit Kapazitätsverlusten durch Abnutzung“, erklärt Maiser. Ihre beiden Elektroden, Anode und Kathode, sind jeweils von einer Metallfolie umkleidet. Die Kathodenfolie trägt poröses Grafit. Beim Beladen wandert Lithium mithilfe eines Elektrolyten in die Grafitporen, nimmt dort Elektronen auf und gibt sie beim Entladen wieder frei. Der Vorteil hierbei: Der Elektrolyt dient nur als Transportmittel und nimmt nicht an der chemischen Reaktion teil.

Lithium: Viel Entwicklungspotenzial

Bei Blei-Säure-Batterien hingegen wird der Elektrolyt aus verdünnter Schwefelsäure langsam aufgebraucht. Beim Entladen reagiert dieser mit den beiden Bleielektroden zu Bleisulfat. Wenn sich der chemische Prozess beim Wiederaufladen umkehrt, lösen sich aber kleine Mengen Bleisulfat nicht wieder auf, was den Akku nach und nach schwächt – je grösser die Entladetiefe, desto stärker. Deshalb raten Hersteller, die Batterien nicht ganz auszulasten. Weniger stark ausgeprägt ist das Sulfatierungsproblem bei den moderneren Blei-Gel-Akkus, in denen die Schwefelsäure als Gel gebunden ist. Aber auch hier zeigt sich die für bleibasierte Batterien typische Elektroden-Korrosion, weshalb die Technik in der Regel nach zehn bis 15 Jahren ausgetauscht werden muss.

Noch günstiger

Für Betreiber bleibasierter Systeme können sich so im Nachhinein zusätzlich Kosten ergeben, die bei der robusteren Lithiumtechnik nicht zu erwarten sind. Für sie geben die Hersteller aufgrund der höheren Zyklenfestigkeit eine Lebensdauer von mindestens 20 Jahren an. „Dadurch relativieren sich die zunächst höheren Anschaffungskosten der Lithium-Ionen-Batterien“, sagt Maiser. Und die Technik kann noch deutlich günstiger werden. Ihre Produktion ist im Gegensatz zur Bleibatterien-Herstellung bisher kaum standardisiert. Durch Verwendung modularer Standardbatterien lassen sich die Fertigungskosten laut einer gemeinsamen Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und des VDMA mit dem Titel „Zukunftsfeld Energiespeicher“ um acht Prozent senken. Einsparungen ergeben sich danach vor allem daraus, dass durch den Einsatz von Standardbauteilen der Materialbedarf sinkt und die Taktzeiten erhöht werden.

Noch eine Chance?
Parallel entwickelt die Industrie robustere und leistungsstärkere Elektrodenmaterialien. In derzeit gängigen Lithium-Ionen-Akkus besteht die Anode aus Grafit, die Kathode aus Lithiummetall. Es dient als chemischer Reaktionspartner des Grafits. Die Produzenten wollen nun künftig neue Anoden etwa aus Lithium-Titanat verwenden, die schneller laden und mehr Ladezyklen durchstehen als Grafit. Durch den technischen Fortschritt und Skaleneffekte durch grössere Produktionsmengen können die Gesamtkosten der Lithium-Ionen-Akkus laut Maiser in den kommenden Jahren von derzeit rund 800 Euro pro Kilowattstunde auf 250 Euro pro Kilowattstunde gesenkt werden. Damit läge die Technik auf einem Niveau mit den Bleibatterien. Ihr Entwicklungspotenzial hingegen ist bereits nahezu ausgereizt. Hat der Klassiker gegen die Lithium-Ionen-Technologie künftig noch eine Chance?

©Text: Sascha Rentzing

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