Rafael Lalive, Universität Lausanne: «Die Studienteilnehmer wurden angeregt, einen Teil des Stromverbrauches vom Hochtarif während des Tages auf den Niedertarif während der Nacht zu verlagern.» ©Bild: T. Rütti

Lukas Küng, Leiter Verteilnetze ewz: «Zur Einführung von Smart Metern in der Stadt Zürich braucht es zum einen Vorgaben des Bundes und zum anderen einen Entscheid auf Gemeindeebene.» ©Bild: T. Rütti

Matthias Gysler, Chefökonom Bundesamt für Energie BFE: «Die Massnahmen im Bereich Smart Metering/Smart Grids bilden die Grundlage, um den Strommarkt zukunftsfähig gestalten zu können.» ©Bild: T. Rütti

ewz: Kenntnisse über Stromverbrauch fördern effizientere Nutzung

(©TR) Die Resultate der zweijährigen ewz-Studie Smart Metering bei 5000 zufällig ausgewählten ewz-Kunden liegen vor: Verbrauchsinformation im Haushalt begünstigt grundsätzlich Energieeinsparungen. Gemäss den Studienerkenntnissen leisten Anreize und Rückmeldungen über den Stromverbrauch zumindest «einen wertvollen Beitrag zu effizienter Stromnutzung».

Während rund zwei Jahren untersuchten Forschende der Universitäten Lausanne und Zürich zusammen mit ewz bei 5000 Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher, ob und wie sich durch den Einsatz von zusätzlicher Information – in Form einer elektronischen Anzeige, einer Beratung sowie Vergleichsdaten – der Stromverbrauch im Haushalt reduzieren lässt.

3 bis 5 Prozent Reduktion
Statistisch nachweisbar ist die Wirkung durch die eingesetzten Smart Meter – Stromzähler, die in Echtzeit den Stromverbrauch anzeigen und ein Verbrauchsprofil erfassen. Solche regelmässigen Rückmeldungen ergaben einen um täglich drei bis fünf Prozent reduzierten Stromverbrauch. Markant ist die Reduktion in Spitzenzeiten. Zudem ist eine, allerdings nur geringe Verschiebung hin zu Niedertarif-Zeiten messbar. Somit führt der Einsatz einer Smart Metering-Anzeige zu einer Änderung des Verbrauchsverhaltens und fördert den effizienten Umgang mit Strom grundsätzlich.

Wie
beeinflusste die Smart Meter-Anzeige den Stromverbrauch?
Laut Prof. Rafael Lalive, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Lausanne, zeigten die Ergebnisse der Studie drei Tendenzen:

  • Erstens ist eine generelle Reduktion des Stromverbrauchs zu allen Tageszeiten ab 6 Uhr morgens zu beobachten.
  • Zweitens ist diese Reduktion besonders markant zu den Spitzenzeiten des Verbrauchs. Sie beträgt z.B. 0.035 kWh in der Stunde zwischen 20 und 21 Uhr, oder fast 8% des Verbrauchs zu diesem Zeitpunkt.
  • Drittens beobachten wir auch eine leichte Verschiebung des Konsums hin zu Niedertarif-Zeiten. Der Stromverbrauch steigt nach Aufschalten der SMA leicht an in den Stunden zwischen 0 Uhr und 5 Uhr nachts.

 «Die SMA ermöglichte es den Studienteilnehmern, ihren Stromverbrauch einzuschränken. Zusätzlich wurden sie angeregt, einen Teil des Stromverbrauches vom Hochtarif während des Tages auf den Niedertarif während der Nacht zu verlagern», so Prof. Lalive. Die SMA zeichnete auch detailliert auf, ob, wann und wie lange Studienhaushalte sie nutzten. In den ersten vier Wochen nach Auslieferung der SMA nutzten rund 70% der Studienhaushalte die SMA mindestens einmal pro Woche. Ein Jahr nach Aufschalten der SMA lag der Anteil der Nutzer immer noch bei 30% pro Woche. Am häufigsten wurde der momentane Verbrauch während rund vier bis fünf Minuten betrachtet. Dr. Rafael Lalive: «Der historische Verlauf des Stromkonsums wurde ebenfalls oft betrachtet und dies während rund drei bis vier Minuten. Die Darstellung der Zielerreichung sowie die Einstellungsfunktionen der SMA werden etwas weniger häufig genutzt.»

Zur
Installation von Messsystemen verpflichten?
«Die Massnahmen im Bereich Smart Metering/Smart Grids bilden die Grundlage um zusammen mit weiteren Anpassungen zum Beispiel im Bereich der innovativen Produktgestaltung von Strombörsen und neuer Angebote für Endkunden den Strommarkt zukunftsfähig gestalten zu können», so Dr. Matthias Gysler, Chefökonom Bundesamt für Energie BFE. Der Bundesrat kann die Netzbetreiber dazu verpflichten, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei allen Endverbrauchern oder gewissen Gruppen von Endverbrauchern die Installation intelligenter Messsysteme zu veranlassen, wie der Stv. Leiter Abteilung Energiewirtschaft weiter ausführte. «Der Bundesrat soll auch festlegen können, welchen technischen Mindestanforderungen die intelligenten Messsysteme zu genügen haben und welche weiteren Eigenschaften, Ausstattung und Funktionalitäten sie aufweisen müssen», erklärte Matthias Gysler vor dem Hintergrund der Bedeutung von Smart Metering in der schweizerischen Energiestrategie 2050.

Verbraucher
auf den Umgang mit Strom sensibilisieren
Für das Bundesamt für Energie BFE sowie für ewz gehören zu den wichtigsten Studienerkenntnisse, dass Informationssysteme wie Smart Meter-Anzeigen auch tatsächlich genutzt werden, sofern sie zur Verfügung stehen, und dass diese die Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Umgang mit Strom sensibilisieren. Der Energieeffizienz, die gewonnen werde, komme denn auch in der neuen Energiestrategie 2050 des Bundes absolute Priorität zu, hiess es gegenüber den Medien. Die aussagekräftigen Resultate bestätigten das BFE in seiner Strategieentwicklung. Unterstützt wurde die Studie vom BFE im Rahmen des Forschungsprogramms Energie-Wirtschaft-Gesellschaft.

Forschungsprojekt
«Bonusmodelle für energieeffiziente Haushalte»
Laut Lukas Küng, Leiter Verteilnetze ewz, braucht es zur Einführung von Smart Metern in der Stadt Zürich Vorgaben des Bundes und einen Entscheid auf Gemeindeebene. «Bis ein solcher vorliegt, realisiert ewz bei geeigneten Grossüberbauungen in Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft Smart Meter-Systeme, um praktische Erfahrungen mit konkreten Systemen zu sammeln. Die Erkenntnisse der Studie fliessen auch in Arbeiten der Energieforschung der Stadt Zürich ein. Das Forschungsprojekt ‹Bonusmodelle für energieeffiziente Haushalte› untersucht, wie unterschiedliche Anreizmodelle in Verbindung mit einer Online-Energieberatung Verhaltensänderungen bewirken können.» Die Senkung des Energieverbrauchs sei für die Stadt Zürich auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft ein wichtiges Ziel.

Smart Metering-System in Zürich-Albisrieden
Wie ewz mitteilt, entstehen in Zürich-Albisrieden in den nächsten Jahren auf dem Areal des ehemaligen Zoll-Freilagers rund 800 neue Wohnungen und 200 Zimmer für studentisches Wohnen sowie ein Naherholungsraum für die Quartierbevölkerung. Der Bauherr, die Zürcher Freilager AG, hat hohe Ansprüche an die Nachhaltigkeit: Unter anderem soll in den Gebäuden eine überdurchschnittliche Energieeffizienz erreicht werden. Zu diesem Zweck startet ewz ein Pilotprojekt: Den Vertrag für den Einsatz von Smart Metering-Dienstleistungen haben die Freilager AG und ewz unlängst unterzeichnet. Das Pilotprojekt ist befristet bis Ende 2019 und weist ein Investitionsvolumen von knapp 1 Mio. Schweizer Franken auf. Die Begleitung und Auswertung des Pilotprojekts übernimmt das durch ewz finanzierte Programm Energieforschung Stadt Zürich.

Infos: www.ewz.ch

Zusammenfassung der Studienergebnisse >>

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