Sohail Malik, CEO der Neurobat AG. Bild: energie-cluster.ch

Sohail Malik: Effizienz mit Selbstlern-Regler erreichen

(JW) Vor einem Jahrzehnt konzentrierte sich die Forschung im Gebäudebereich z.B. auf bedarfsabhängige Haustechniksysteme mit intelligenten Steuer- und Regelkonzepten. Dazu passte auch das Projekt Neurobat, das von Industrie, CSEM in Neuchâtel und EPFL in Lausanne realisiert wurde. Dieser neuartige Heizungsregler basierte nicht mehr nur auf physikalischen Zusammenhängen, sondern auf neuronalen Netzwerken und Fuzzy-Logik. Sohail Malik, CEO der Neurobat AG, hat über mehrere Jahre die Produktentwicklung vorwärts gebracht und präsentiert heute ein System, das sich sowohl für Hersteller von Neuanlagen als auch für bestehende Installationen in einzelnen Gebäuden eignet.


Wo erkennen Sie im Gebäudebereich das wichtigste Potenzial für Effizienzsteigerungen?
Sohail Malik: In der Schweiz entfallen rund 36 Prozent des gesamten Energieverbrauchs auf das Heizen von Gebäuden. Wenn wir hier eine deutliche Reduktion erreichen können, dient dies nicht nur zur Realisierung eines geringeren Energieverbrauchs, sondern auch einer verminderten Emission von CO2.

Auf welche Weise lässt sich der Wohnkomfort mit möglichst geringem Energieverbrauch erreichen?
Das neue Reglersystem kombiniert Wettervorhersage, thermische Eigenschaften der Gebäude und das Verhalten der Bewohner und passt sich ständig an neue Umweltbedingungen an. So kann Energie gespart werden. Die Entwicklung von Neurobat wurde von neuronalen Netzwerken inspiriert. Das System stellt eine völlig neue Generation von Heizungs-, Lüftungs- und Klimareglern (HLK) dar. Selbst die modernsten HLK-Regler, die heute auf dem Markt sind, können es nicht annähernd mit der „Intelligenz“ von Neurobat aufnehmen. Zwar messen sie ebenfalls Sonneneinstrahlung und Raumtemperatur und verfügen über optimierende Funktionen, um die Heizung aufzustarten und herunterzufahren, doch all das bleibt im Rahmen definierter Heizkurven, thermisch stationär und unvollständig.



Wie funktioniert das System konkret?
Das Reglersystem antizipiert die genannten Faktoren, also die durch Sensoren erfassten Messdaten, und lernt aus seinen Beobachtungen, wie Heizenergie und Bewohnerkomfort am besten aufeinander abgestimmt werden können. Diese Fähigkeit des Reglers gewährleistet ein intelligentes HLK-Management. Konkret wird die Vorlauftemperatur damit optimiert. Situationen von Überheizung oder Kühlung des Gebäudes werden vermieden, was den Energieverbrauch dann wesentlich reduziert.

Wie hoch können diese Energiereduktionen ausfallen?
Dank dieses Vorhersage-Moduls lassen sich Energieeinsparungen von bis zu 35 Prozent erreichen. Heute stehen bereits mehrere Referenzanlagen in Betrieb. Wir decken zwei unterschiedliche Einsatzbereiche ab, indem wir einerseits Neurobat NBM den Herstellern von Heizungsanlagen als Hardware-Bauteil zur Verfügung stellen. Damit kann unser Gerät in neuen Heizungsanlagen für Wohn- und Geschäftsgebäude einen konventionellen Heizkurvenregler ergänzen; es wird von den Herstellern direkt in ihre Produkte integriert. Anderseits lassen sich mit unserem zweiten Gerät – Neurobat NIQ – bestehende Wohngebäude ausstatten. Neurobat arbeitet unabhängig vom jeweiligen Energieträger und lässt somit einen Einsatz bei Heizöl-, Erdgas-, Holzpellets-, Fernwärme- und Wärmepumpen-Anlagen zu.

Neurobat lässt sich auf diese Weise auch in konventionellen Heizungsanlagen einbauen?
Ja, das sehen wir als grossen Vorteil an. Als Retrofit-Installation lässt sich eine erhöhte Heizeffizienz erreichen und so eine Verminderung der Energiekosten. Das Gerät wird vom Installateur eingebaut und funktional mit der vorhandenen Heizungsregelung verbunden.

Handelt es sich also um ein fortschrittliches Regelgerät?
Es ist mehr als das. Bei den Neurobat-Produkten handelt es sich nicht um Heizungsregler im eigentlichen Sinne. Sie sind vielmehr Module zur Ergänzung vorhandener Heizungsregler und liefern optimale Werte für die Vorlauftemperatur als Service für den Hauptregler. Denn in den Neurobat-Produkten kommt eine modellprädiktive Regeltechnik zum Einsatz, welche die Vorlauftemperatur bei der Heizung von Einfamilienhäusern oder kleinen Heizzonen innerhalb grösserer Gebäude optimiert. Anders als die meisten kommerziellen Heizungsregler, welche die Vorlauftemperatur in der Regel auf der Grundlage der Aussentemperatur berechnen, prognostiziert Neurobat die lokalen klimatischen Bedingungen und erreicht einen nahezu optimalen Raumkomfort bei reduzierten Energiekosten.

Wie sieht die weitere Entwicklung aus?
Die nächsten Schritte umfassen zum Einen die Entwicklung des Online-Geräts Neurobat NOL für grössere Geschäftsliegenschaften, Mehrfamilienhäuser mit mehreren Heizkreisläufen. Wir wollen eine Produkt-Plattform für effizientes Wärme-Management der Gebäude schaffen, welche das gesamte Marktspektrum abdeckt. Zum Andern ist die Realisierung weiterer Module wichtig, mit denen wir die Warmwasserbereitung effizient integrieren und die Energietarife dynamisch berücksichtigen können.

Auf welche Highlights kann Neurobat bereits zurückschauen?
Von der Idee bis zum Produkt war es ein langer Weg, auf welchem uns verschiedene Partner wirkungsvoll unterstützt haben. Vor über einem Jahr konnten wir – als wichtigen Meilenstein – den Umweltpreis 2012, eine Auszeichnung von der Stiftung „Pro Aqua – pro Vita“, anlässlich der Swissbau in Basel in der Kategorie „Innovation“ in Empfang nehmen. Im März 2013 nahm Neurobat an der internationalen Energiesparmesse in Wels (Österreich) teil und hat sich dabei einem hoch sensibilisierten Markt präsentieren können. Wir haben als Schweizer Cleantech-Unternehmen grosse Aufmerksamkeit erlangen können.

©Text: Jürg Wellstein, erschienen im energie-cluster.ch-Newsletter

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1 Kommentare

Johann Berger

Super Technologie! Kann ich nur empfehlen!

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