An der Jahrestagung des energie-cluster.ch vom 25. Juni 2013 in Spreitenbach wird Nationalrat Jürg Grossen das Thema „Stromeffizienz im Zweckbau – heute gelebt“ erläutern. Bild: parlament.ch

Jürg Grossen: Schon heute Stromeffizienz umsetzen

(©JW) An der Jahrestagung des energie-cluster.ch vom 25. Juni 2013 in Spreitenbach wird Nationalrat Jürg Grossen das Thema „Stromeffizienz im Zweckbau – heute gelebt“ erläutern. Als Co-Geschäftsinhaber der Elektroplan Buchs & Grossen AG, einem zusammen mit Peter Buchs im Jahr 1994 gegründeten Elektroplanungsbüro, kann er sich sowohl auf sein Gebäudeautomationssystem wie auch auf seine Photovoltaik-Anlagen an der Fassade und auf dem Flachdach beziehen.


Damit werden jährlich rund 28’000 kWh erneuerbarer Strom produziert. Dieser wird zum grössten Teil in der Wohn- und Geschäftsliegenschaft und für die Firmen-Elektroautos als Eigenverbrauch konsumiert. Im Folgenden beantwortet er spezifische Fragen zum Thema Strom-effizienz:

Wie erreicht man mehr Stromeffizienz im Zweckbau?
Jürg Grossen In dem einerseits mittels Gebäudeautomation eine optimale und bedarfs-gerechte Steuerung aller elektrischen Verbraucher in Bezug auf die Effizienz geplant und realisiert wird. Andererseits sollen künftig grossmehrheitlich Geräte und Apparate mit den besten Energieklassen verwendet werden. Ebenfalls wichtig ist eine gute Sensibilisierung und Schulung der Gebäude- und Gerätenutzer, um sicherzustellen, dass Gebäude und elektrische Geräte dem Bedarf entsprechend und möglichst effizient betrieben werden. Dazu soll künftig unter anderem der Stromverbrauch leicht einsehbar visualisiert werden (SmartMetering).


Welche Potenziale stehen in der Schweiz für mehr Stromeffizienz zur Verfügung?
Aufgrund meiner Erfahrungen schliesse ich darauf, dass der Stromverbrauch im Gebäudebereich mittels Stromeffizienzmassnahmen um rund fünfzig Prozent gesenkt werden kann, und zwar ohne Komforteinbussen. Im Gegenteil, mit korrekt programmierten Gebäudeautomationssystemen kann neben der Verbesserung der Energieeffizienz gleichzeitig auch der Komfort für den Benutzer deutlich gesteigert werden.

Sie betonen in Ihrem Referat an der Jahrestagung 2013 das „Heute“. Stromeffizienz kann offenbar schon jetzt erreicht werden. Wo liegen die Hindernisse?

Wir verbrauchen in unserem Wohn- und Bürogebäude in Frutigen nur gerade einen Viertel des durchschnittlichen schweizerischen Stromverbrauches eines vergleichbaren Gebäudes. Und dies kombiniert mit einem sehr hohen Komfort, idealen Arbeitsbedingungen und gleichzeitigem Wärmeverbrauch unter dem Minergie-Grenzwert, ohne dass die Gebäudehülle dem Minergie-Standard entspricht. Das Haupthindernis für eine verbreitete Umsetzung von Stromeffizienzmassnahmen sind die tiefen Energie- und Strompreise. Ein wichtiger Problemfaktor sind zudem die unterschiedlichen Interessen der am Gebäude beteiligten Investoren, Bauherren, Nutzer, Mieter, etc. Bauen ist heute sehr komplex organisiert und ganzheitliche, nachhaltige Lösungen sind deshalb nur selten möglich.

Als Nationalrat sind Sie bei den politischen Entscheiden involviert. Oft kann man den Eindruck erhalten, dass rascher und gezielter im Markt, in der Wirtschaft und bei innovativen Unternehmen zu Gunsten der Stromeffizienz entschieden wird als in Bern. Wo liegt das Problem?
Selbstverständlich kann ich als Unternehmer direkter und einfacher Einfluss nehmen denn als Politiker. Deshalb ist es mir auch ein Anliegen, die Investoren, Unternehmen und auch die Privatpersonen zum Handeln in diesem Bereich zu motivieren. Die Politik ist träge und hinkt der Wirtschaft oft hinten nach. Trotzdem ist es wichtig, dass auf politischer Ebene die Weichen in die richtige Richtung gestellt werden und dass der Wirtschaft sinnvolle Grenzen gesetzt werden. Die aktuellen und leider notwendigen Diskussionen um Abzockertum, etc. beweisen, dass die Wirtschaft nicht in der Lage ist, ohne Leitplanken verantwortungsvoll und enkeltauglich zu agieren.

Wie bewerten Sie das Spannungsfeld zwischen Stromeffizienz und Stromsuffizienz?
Aus meiner Sicht ist das kein Spannungsfeld. Klar ist, dass die wertvollste Kilowattstunde diejenige ist, die nicht verbraucht wird. Ob man diesen Nicht-Verbrauch durch sparsames Verhalten, Verzicht oder durch ein intelligentes Gerät oder eine Steuerung erreicht, hängt von den Bedürfnissen und der Haltung der Benutzer ab. Am meisten erreicht man in der Kombination von Stromeffizienz und Stromsuffizienz. Da wohl niemand zurück in die Höhle oder auf sämtlichen Komfort verzichten will, braucht es neue Wege. Die heutige Kommunikations- und Gerätewelt mit SmartPhones und intelligenten Apparaten oder Lichtquellen bietet sich geradezu an, um Effizienz erfolgreich und „sexy“ umzusetzen.

Welche Massnahmen sind heute und morgen zu treffen, um mehr Stromeffizienz und einen Rückgang des gesamten Stromverbrauchs zu erreichen? Was sind die drei wichtigsten Massnahmen?

  1. Es braucht eine ökologische Steuerreform, wie wir Grünliberalen sie mit unserer Initiative „Energie- statt Mehrwertsteuer“ fordern.
  2. Es braucht verbindliche Normen, Standards und allenfalls Labels, um Vergleichswerte bei der Stromeffizienz und die Anforderungen an das Netz der Zukunft (SmartGrid) festzulegen.
  3. Es braucht eine breite Sensibilisierungskampagne für Stromeffizienz welche nicht auf Verzicht, sondern auf der Basis von Fun, Komfort und Verantwortungsgefühl beruht.


Welche zentrale Botschaft werden Sie den Teilnehmenden der Jahrestagung 2013 mit dem Thema „Stromeffizienz als zentraler Pfeiler der Energiewende“ vermitteln?
Wir alle, als Unternehmer in den Bereichen Gebäudeautomation, Elektro- und Haustechnikplanung und Elektroinstallationen sind in den Schlüsselpositionen, um die laufende Energiewende umzusetzen, dies ungeachtet der politischen Entscheidungen.

©Text: Jürg Wellstein, Newsletter energie-cluster.ch

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