So ermittelt die Empa den Quecksilbergehalt: Die Lampe wird in Kaliumpermanganatlösung getaucht und der Glaskörper aufgemeisselt. Durch den Druckunterschied flutet die Lösung ins Lampenglas und holt das gasförmige Quecksilber heraus. ©Bild: Empa

Der Glaskörper wird dann gemahlen... ©Bild: Empa

...die daran haftenden Anteile separat analysiert. ©Bilder: Empa

Empa: Quecksilber in Sparlampen – ein Damoklesschwert?

(©RK/Empa) Energiesparen ist politisch gewollt. Mit Verboten fördert der Gesetzgeber den Umstieg auf Energiesparlampen: 2009 verschwand die 100-Watt-Glühbirne, 2010 die 75-Watt-Variante, 2011 die 60-Watt-Birne, und im September vergangenen Jahres wurde auch die 40-Watt-Lampe ausrangiert. Wie viel Quecksilber schwebt in Form von Energiespar- und anderen Lampen über unseren Köpfen? Wohin verschwindet es, wenn etwa im Kinderzimmer eine Lampe zu Bruch geht? Die Empa erforscht die Dimensionen des Problems.


Energiesparen ist politisch gewollt. Mit Verboten fördert der Gesetzgeber den Umstieg auf Energiesparlampen: 2009 verschwand die 100-Watt-Glühbirne, 2010 die 75-Watt-Variante, 2011 die 60-Watt-Birne, und im September vergangenen Jahres wurde auch die 40-Watt-Lampe ausrangiert. Doch was handeln wir uns damit ein? «Alles, was wir erzeugen, muss irgendwann auch rezykliert werden», gibt Renato Figi zu bedenken, der in der Empa-Abteilung «Analytische Chemie» die Quecksilberbelastung aus Lampen untersucht. Und laut Packungsbeilage enthält jede Energiesparlampe je nach Typ 1-2 Milligramm Quecksilber, das sie zum Leuchten bringt.

Illegale Entsorgung?
Nur: Die Angabe stimmt nicht immer. «Wir hatten echte Aha-Erlebnisse», berichtet Figi. Manche Lampen, die er analysiert hat, leuchten bereits mit weniger als 1 mg Quecksilber, andere enthalten ein Mehrfaches dieser Menge. Der Quecksilbergehalt unterscheidet sich also erheblich – selbst bei Lampen des gleichen Typs.

Kaum jemand kannte zuvor die genaue Menge an Quecksilber in den Lampen. Diese Unsicherheit rief das Bundesamt für Umwelt (Bafu) auf den Plan. Die Empa sollte im Auftrag der Behörde die Dimension des Problems erfassen. Es galt zunächst herauszufinden, wie viel Quecksilber in Energiesparlampen und andere Lampentypen pro Jahr in der Schweiz umgesetzt wird, woher es kommt, wohin es geht. Schnell tauchte ein weiteres Problem auf: Bislang hatten sich Untersuchungen immer auf das gebundene Quecksilber in den Lampen beschränkt, also die Anteile, die am Glas oder an anderen festen Bauteilen haften. Niemand kümmerte sich ums gasförmige Quecksilber – das wesentlich gesundheitsschädlicher ist als flüssiges und festes.

Analyse des Problems
Figi fand eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, das Quecksilber in der Lampe gesamthaft zu erfassen: Die ganze Lampe wird in eine violette Lösung von Kaliumpermanganat getaucht, das als starkes Oxidationsmittel wirkt. Dann wird der Glaskörper unter Wasser mit einer Zange aufgebrochen. Sofort schiesst die Salzlösung in den Glaskörper, denn dort herrscht Unterdruck. Das gasförmige Quecksilber (chemische Formel Hg0) wird dadurch zu Hg2+-Ionen oxidiert und im Oxidationsmittel gelöst. So lässt sich der gasförmige Anteil des Quecksilbers quantitativ bestimmen.

Die Menge an gebundenem Quecksilber ermittelt Figi an der gleichen Lampe, indem er nach dem Aufbrechen die übrig gebliebenen Feststoffe (amalgamiertes Quecksilber, metallisches Quecksilber und Glas) separat analysiert. In einer mit flüssigem Stickstoff gekühlten Kugelmühle wird der Glasanteil bei -196 Grad Celsius vermahlen. Dabei verdampft kein Quecksilber – das an den Glassplittern haftende Schwermetall wird mit konzentrierter Salpetersäure im Mikrowellenofen unter Druck und hohen Temperaturen gelöst. Aus der Lösung bestimmt Figi die restliche Menge an Quecksilber, also das fest mineralisch gebundene. Falls zusätzlich amalgamiertes oder metallisches Quecksilber vorhanden ist, wird dieses in Königswasser bei hohen Temperaturen und hohem Druck gelöst und die Quecksilbermenge ebenso wie bei der Glasfraktion bestimmt.

200 kg Quecksilber pro Jahr?
Bislang hatte das Bafu geschätzt, dass schweizweit bis zu 200 kg Quecksilber pro Jahr in Lampen umgesetzt werden. «Am Ende der Untersuchung werden wir wissen, ob diese Annahme richtig lag», sagt Figi. «Diverse internationale Gremien haben in den letzten Jahrzehnten den Einsatz von Schwermetallen wie Cadmium, Blei, Arsen und Quecksilber geächtet. Nun, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, fangen wir wieder an, Quecksilber in unseren Lebensräumen zu dulden.»

Zwei Drittel landen im Hausmüll
Die Reihenversuche mit insgesamt 80 Lampen – je fünf Stück von 16 verschiedenen, handelsüblichen Lampentypen – ergaben einen weiteren interessanten Befund: Fabrikneue Lampen enthalten viel gebundenes und wenig gasförmiges Quecksilber. Doch mit der Brenndauer steigt der Anteil an gasförmigem Schwermetall. Daher sind quecksilberhaltige Lampen, die nach Tausenden Stunden Brennzeit schliesslich ihr Lebensende erreicht haben und ausgetauscht werden, ein ernstes Entsorgungsproblem. «Leider helfen alle Aufrufe, die Lampen im Elektrogeschäft abzugeben, wenig», konstatiert Figi. «Laut Statistik gelangt momentan nur ein Drittel aller Lampen ins Recycling.»

Für den Empa-Forscher ist der Fall klar: «Energiesparlampen können nur eine Übergangslösung sein. Wir müssen sobald wie möglich auf die schadstoffarme LED-Technik umsteigen.» Bis dahin hätte er am liebsten ein Pfand von fünf Franken auf jede verkaufte Energiesparlampe. So, meint er, könnten wir wenigstens sicher sein, dass die meisten ausgedienten Lampen rezykliert werden.

Was tun, wenn eine Energiesparlampe bricht?

  • Fenster auf – den Raum 15 Minuten lang lüften
  • Scherben sorgfältig zusammenkehren,allenfalls Scherben mit Klebeband einsammeln
  • NICHT Staubstaugen – denn das verteilt Quecksilberdampf- und partikel in der Luft
  • Scherben, Klebeband und Wischlappen in ein gut verschliessbares Schraubdeckelglas geben, dann im Recyclinghof abliefern.

Info zu Quecksilber: http://www.bag.admin.ch/themen/chemikalien

Mit Gesetzen gegen Quecksilber
Am 18. Januar 2013 unterzeichneten in Genf 140 Staaten das erste bindende Abkommen zur Einschränkung der Herstellung und des Einsatzes des Schwermetalls Quecksilber. Die Konvention regelt Produktion, Verwendung und Lagerung von Quecksilber und den Umgang mit quecksilberhaltigen Abfällen. Neue Minen dürfen nicht errichtet, bestehende müssen binnen 15 Jahren geschlossen werden, sodass dann Quecksilber nur mehr aus Recycling zur Verfügung steht.

Quecksilber muss bis 2020 schrittweise aus Thermometern und Blutdruckmessgeräten verschwinden. Lampen unter 30 Watt Leistung dürfen höchstens noch 5 Milligramm Quecksilber enthalten. Als Konservierungsmittel für Impfstoffe bleibt Quecksilber – mangels Alternativen – erlaubt. Im Oktober 2013 wird der Vertragstext zur Ratifizierung ausgelegt. Wenn mindestens 50 Staaten den Vertrag ratifizieren, tritt er spätestens 2018 in Kraft.

In der EU ist seit 2011 der Export von Quecksilber und Quecksilberhaltigem – mit Ausnahmen – verboten. Seitdem gilt Quecksilber als gefährlicher Abfall und muss in Hochsicherheitsbereichen unter Tage, etwa in aufgelassenen Salzbergwerken, eingelagert werden. Europa war bisher weltweit der Haupterzeuger von Quecksilber. Das Inventar an Quecksilber vor allem in der Chloralkali-Elektrolyse in Deutschland beträgt rund tausend Tonnen.

Quelle: Wikipedia/New Scientist Deutschland

©Text: Rainer Klose, Empa. Der Artikel ist im Empa News 40/ Mai 2013 erschienen

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