Philippe Meuli: "Der in den vergangenen Jahren gestiegene Stromkonsum, neue Kraftwerke im In- und Ausland und die zunehmend dezentrale Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien stellen das Übertragungsnetz vor grosse Herausforderungen."

Swissgrid: Das Schweizer Stromübertragungsnetz im Wandel

(©JW) Mit dem Eintrag in das Handelsregister wurde die Swissgrid AG am 3. Januar 2013 neue Eigentümerin des Schweizer Stromübertragungsnetzes. Damit ist ein bedeutender Meilenstein in der Schweizer Stromgeschichte erreicht. Die nationale Netzgesellschaft Swissgrid trägt so nicht nur die Verantwortung für den Betrieb des Netzes, sondern neu auch für dessen Unterhalt, Erneuerung und Ausbau. Ein Gespräch mit Philippe Meuli von Swissgrid.


Philippe Meuli referierte am Energie-Apéro vom 5. Februar 2013 in Brig, der unter dem Thema stand „Neue Entwicklungen in der Energieversorgung im Wallis“. Er beleuchtete insbesondere das Übertragungsnetz in diesem Kanton mit den Fragen: Wo stehen wir und wo wollen wir hin?

Mit den neuen Aufgaben, die
zu Beginn dieses Jahres der Swissgrid übertragen wurden, entstehen für Sie auch neue Herausforderungen. Können Sie diese konkretisieren?
Wir sind heute für ein Übertragungsnetz verantwortlich, das zu den dichtesten der Welt zählt, rund 12’000 Strommasten und 130 Schaltanlagen umfasst und auf einer Länge von rund 6’700 km Höchstspannung transportiert. Der Unterhalt und die Erneuerung dieses Netzes sind essentiell für die Schweizer Stromversorgung. Es geht also um eine störungsfreie Anlagenbewirtschaftung und einen professionellen Unterhalt von Leitungen und Schaltanlagen. Mit Übertragung der Verantwortung an Swissgrid ist ein wichtiger Schritt für die horizontale Entflechtung des Strommarktes und für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags gemäss Stromversorgungsgesetz erreicht. Diese Netzüberführung ist ein einmaliges Projekt in der Schweizer Stromgeschichte.


Wie wird diese Aufgabe organisiert?
Swissgrid plant die Unterhaltsmassnahmen und legt dabei fest, in welchem Umfang, wo und zu welcher Zeit die Instandhaltung ausgeführt werden muss. In einer befristeten Übergangszeit sind die bisherigen Eigentümer des Netzes involviert. Wir führen in diesem Jahr aber ein öffentliches Ausschreibungsverfahren für die Instandhaltungs-Dienstleistungen durch, sodass ab 2015 ausgewählte Unternehmen diese Arbeiten durchführen können. Gleichzeitig werden wir sechs Regionalstützpunkte aufbauen, damit eine optimale Präsenz vor Ort gewährleistet werden kann.

Wie werden Sie die Netzplanung realisieren?

Als Grundlage für diese Aktivitäten nutzen wir die Szenarien des Bundes sowie der europäischen Netzbetreiber (ENTSO-E). Damit können wir Prognosen zur Verbrauchsentwicklung sowie Annahmen zur Produktionsentwicklung einfliessen lassen. Dann folgen Marktsimulationen, die den Kraftwerkseinsatz und den Austausch mit dem Ausland bestimmen werden. Diese Arbeiten führen zum Netzplan 2035. Allerdings wissen wir aufgrund bereits durchgeführter Berechnungen und Simulationen, dass in der Schweiz rund 1’000 km Leitungen zu erneuern sind und 300 km Leitungen neu gebaut werden müssen.

Durch was sind diese
Ausbaumassnahmen begründet?
Der Ausbau und die Erneuerung des Stromnetzes sind für eine sichere Stromversorgung dringend notwendig. Der Netzausbau schafft die Transportkapazitäten, die es braucht, um die Kunden auch künftig sicher mit Strom zu versorgen. Der in den vergangenen Jahren gestiegene Stromkonsum, neue Kraftwerke im In- und Ausland und die zunehmend dezentrale Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien stellen das Übertragungsnetz vor grosse Herausforderungen. Ziel von Swissgrid ist es, die Engpässe zu beseitigen und das Netz den künftigen Anforderungen anzupassen. Ausserdem sind wir der Meinung, dass Erneuerung und Ausbau des Netzes nur mit einer Beschleunigung der Bewilligungsverfahren machbar sind. Wir setzen uns aber gleichzeitig für gesellschaftliche Akzeptanz und frühe Kommunikation ein.

Welche zusätzlichen Möglichkeiten zur Erneuerung des Netzes bestehen?

Wir unterscheiden hier vier Kategorien: Mit der Erhöhung der Betriebsspannung können wir Leitungen, die bereits auf 380 kV isoliert sind, aber zurzeit nur auf 220 kV betrieben werden, leistungsstärker machen. Bei bestehenden Leitungs-Trassen lassen sich Um- und Neubauten realisieren, ohne zusätzliche Eingriffe in Natur und Umwelt machen zu müssen. Dann sind auch manchmal Ersatzleitungen notwendig; es wird eine bestehende Leitung abgebaut und eine neue auf einem neuen Trassee erstellt. Und schliesslich versuchen wir, gezielt bestehende Lücken zu schliessen und neue Produktionsanlagen optimal anzuschliessen.

Wie wird der Netzausbau finanziert?

Die Beschaffung der notwendigen finanziellen Mittel sowohl für den Unterhalt, die Erneuerung als auch für den Ausbau des Schweizer Übertragungsnetzes ist Aufgabe der Swissgrid. Diese Finanzierung sichern wir einerseits zu einem grossen Teil über den Kredit- und Kapitalmarkt. Anderseits werden die Betriebs-, Investitions- und kalkulatorischen Kapitalkosten von Swissgrid durch Tarifeinnahmen gedeckt. Es gilt jedoch die Tatsache, dass alle von uns verrechneten Tarife von der Regulierungsbehörde – der Eidg. Elektrizitätskommission (ElCom) – überprüft werden.

©Text: Jürg Wellstein, das Interview ist im Februar-Newsletter des energie-cluster.ch erschienen.

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1 Kommentare

Philippe Huber/ElGrid Consulting

Das tönt alles sehr schön, aber wieso muss konkret das Übertragungsnetz im Wallis ausgebaut werden?
Der Strombedarf ist im Wallis nicht stark gestiegen und kann mit den lokalen Wasserkraftwerken problemlos gedeckt werden. Eine für das Übertragungsnetz relevante starke Zunahme der Stromerzeugung aus Photovoltaik oder Wind hat es bisher auch nicht gegeben und ist nicht absehbar!

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