Mit den auf dem Empa-Areal ausgestellten E-Fahrzeugen durften Testfahrt gemacht werden – ein Angebot für Tagungsteilnehmende sowie Passanten, die vielleicht erstmals ein Elektrofahrzeug fahren konnten. Bilder: T. Rütti

«e’mobile übt zwischen Forschung, Wirtschaft und Politik eine Brückenfunktion aus. Wo es Unterstützung braucht, bieten wir sie auch an»: Urs Schwegler, stv. Geschäftsleiter e’mobile.

«Sinkende Batteriepreise, grössere Reichweiten und eine bessere Ladeinfrastruktur sind unsere strategischen Vorteile»: Philippe Walser, Leiter Fachstelle Elektrofahrzeuge.

e-mobile: Mit Strom aus regenerativen Quellen fahren

(©TR) Erdgas- oder Wasserstoffantriebe, erneuerbare Energie, Hybrid- oder Elektroantriebe oder auch die Entwicklungspotenziale beim Verbrennungsmotor müssen eine Reduktion des Treibhausgases Kohlendioxid CO2 herbeiführen. So eine Quintessenz der e’mobile-Jahrestagung 2012, welche im Anschluss an die Generalversammlung an der der EMPA Akademie in Dübendorf abgehalten wurde.


Zukunftsträchtig und ein Gebot der Stunde sind neue Entwicklungskonzepte für die Zeit «nach dem Erdöl», beziehungsweise am Liebsten sofort. Noch «verheizen» wir indessen Erdöl, Kohle und Gas, als gingen diese Energiequellen nie zur Neige. Doch wie stillen wir unseren Energiehunger, wenn Ölquellen und Gasvorkommen doch langsam leer gepumpt sind? Damit wir morgen nicht im Dunkeln stehen, entwickeln Forschungsanstalten wie die EMPA in Dübendorf ZH neue umweltschonende Energiequellen. An der Jahrestagung des Verbands e-mobile war denn auch die Rede von spannenden Alternativen, die dringend vorangetrieben werden wollen:

  • Brennstoffzellen, die – ganz ohne Schadstoffe – aus Wasserstoff und Luft Strom liefern
  • umweltverträgliche Automotoren, die mit Biogas betrieben werden können
  • neuartige Solarzellen
  • thermoelektrisches Materialien, die – ohne Energieverluste – Wärme in Strom umwandeln.


Auf die Mühle von Wasserstoff-Brennstoffzellen
Erdgas und Biogas als Treibstoffe sind indirekt auch Wasser auf die Mühle eines anderen Gases: Wasserstoff. Wasserstoff-Brennstoffzellen überzeugen durch ihren hohen Wirkungsgrad sowie eine heute speziell wertvolle Eigenschaft: Bei der Verbrennung entsteht lediglich Wasser, aber kein CO2. Um die CO2-Emissionen generell  wesentlich zu senken, reichen einzelne Massnahmen wahrscheinlich kaum. Was es schon eher braucht, ist die Kombination mehrerer Einzelmassnahmen. Aus dieser Überlegung heraus wird an der Entwicklung von neuen Brennverfahren für Erdgas-/Biogasantriebe und der elektrischen Hybridisierung entsprechender Motoren gearbeitet. Im Empa-Motorenlabor präsentierten Patrik Soltic (Bereich Verbrennungsmotoren) und seine Teamkollegen den Prototypen «Clever» von Empa, ETH Zürich, Volkswagen und Bosch. Den Tagungsteilnehmenden wurde dabei gezeigt, wie sich verschiedene Systeme miteinander kombinieren lassen: Zum einen geht es um die Potenziale neuer Brennverfahren speziell für Gasmotoren. Zum anderen sollen die thermodynamischen Kreisprozesse für Erdgas optimiert werden. Ins VW-Erdgas-Hybrid-Fahrzeug «Clever» wurde folgende Antriebe eingebaut, um dank dieser Motorisierung die CO2-Emissionen ingesamt ungefähr zu halbieren:

  • ein hierfür entwickelter Erdgasmotor (25 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu einem normalen Benzinantreibe), der mit einer Beimischung von 20 Prozent Biogas betrieben wird (ergibt zusätzlich 16 Prozent weniger CO2)
  • ein Elektromotor zur Hybridisierung mit einer Verbrauchseinsparung von 20 Prozent im gemischten Betrieb.

Abhängigkeit von Benzin und Diesel zumindest verringern
Wie sieht es bei der Konkurrenz aus? Die Strategie von General Motors (GM) und Opel besteht darin, «langfristig die Abhängigkeit von Benzin und Diesel als Energieträger für die automobile Anwendung zu verringern». Zumindest das. Geschehen soll dies schrittweise und mittels folgender Massnahmen:

  • eine weitere Effizienzverbesserung herkömmlicher Antriebe,
  • die Einführung alternativer Treibstoffe wie Erdgas,
  • eine stärkere Elektrifizierung des Antriebsstranges.

Insbesondere die letztgenannte Massnahme hat das Potenzial, Öl durch regenerative Energie in Form von Elektrizität und Wasserstoff zu ersetzen. Rittmar von Helmolt (Opel) wählte sinnigerweise das Thema «Fossile Kraftstoffen durch alternative Kraftstoffe» für seine Ausführungen.

Elektrofahrzeuge mit Reichweitenverlängerung
Mit Erdgasfahrzeugen soll es gelingen, die gewohnte Mobilität in zumindest ähnlichem Umfang zu gewährleisten wie mit herkömmlichen Benzin- und Dieselfahrzeugen. Eine mittelfristig sichere Verfügbarkeit von Erdgas zu attraktiven Preisen sowie geringere CO2-Emissionen sind die Vorteile dieses Treibstoffes. Statt aus Erdgas kann der Treibstoff Methan grundsätzlich auch biogen erzeugt werden.

Langfristige Forschungsvorhaben beschäftigen sich ausserdem mit der Herstellung von Methan aus überschüssiger Windenergie. Elektrische Fahrzeuge können unabhängig von fossilen Energieträgern betrieben werden, sofern der Strom zum Aufladen der Batterie aus regenerativen Quellen stammt. Wie bisherige Erfahrungen mit rein batterieelektrischen Fahrzeugen zeigen, limitiert jedoch die begrenzte Energiedichte der Antriebsbatterien den Einsatzbereich erheblich. Dies wiederum erschwert teilweise die laufenden Anstrengungen, mit umweltschonenden Fahrzeugen die gängigen Benzin- und Dieselautos zu substituieren. GM und Opel verfolgen unter anderem die Konzepte von Elektrofahrzeugen mit Reichweitenverlängerung sowie Brennstoffzellenfahrzeugen.

Beim Verband
e’mobile ist man zuversichtlich
Angepeilt wird ein «bedarfsgerechten Mischung» aus elektrischen und selbstverständlich möglichst umweltverträglichen Antriebsformen. Beim Verband e’mobile ist man zuversichtlich, mit all den branchenübergreifenden Anstrengungen voranzukommen in Richtung nachhaltige Mobilität. Aktuelle Trends und Tendenzen lassen diesen Optimismus aufkommen. Wenn nur das Reichweitenproblem nicht wäre und man allerorts Ladestationen vorfinden würde.

Noch optimierungsbedürftig: die Ladeinfrastruktur
Nach wie vor ist die Energiespeicherung ein Kapitel mit grossem Fragezeichen. Ganz zu schweigen vom noch nicht zum Verschwinden gebrachten «Kabelsalat» anstelle von einheitlichen Systemen. Und wann findet die E-Mobilitätsbranche Lösungen für die noch optimierungsbedürftige Ladeinfrastruktur und die engagiert diskutierte Frage der Reichweite? Gewiss trägt die bei e-mobile erschienene Broschüre «Anschluss finden – Elektromobilität und Infrastruktur» zur Problemlösung Wesentliches bei. Jedenfalls: Seitens des Verbandes wird nichts unversucht gelassen, um zwischen Forschung, Industrie, Politik und Gesellschaft Brücken zu bauen und mit fachlicher Unterstützung zu dienen, wo sie gebraucht wird oder erwünscht ist. An der e’mobile-Jahrestagung in Dübendorf ging dies jedenfalls aus den Voten der Exponenten des Verbands verschiedentlich hervor, namentlich von Philipp Walser (Leiter Fachstelle Elektrofahrzeuge), Urs Schwegler (stv. Geschäftsleiter) und Präsident Yves Lehmann.

Gewaltigen Herausforderung für die Automobilindustrie
Die Verbandsspitze ist überzeugt, dass es gelingen muss und gelingen wird, fossile Treibstoffe durch Treibstoffe aus erneuerbaren Energiequellen zu ersetzen und bei der Infrastruktur, ohne die es nun mal nicht geht, die gesetzten Ziele zu erreichen. Die Gretchenfrage, mit welchen Treibstoffen wir in Zukunft fahren werden, konnte an der Jahrestagung – wie zu erwarten – nicht schlüssig beantworte werden, zu vielfältig sind die unbekannten Einflussfaktoren beziehungsweise jene Faktoren, die sich nicht so leicht beeinflussen lassen. Gefordert bei dieser gewaltigen Herausforderung sind Forschung, Automobilindustrie, Politik und Gesellschaft gleichermassen.

E-Mobil-Fahrgelegenheit auch für Passanten

Dass der Wechsel von fossilen Treibstoffen zur erneuerbaren Energien auch für die EMPA sowie die übrige Wissenschaft und Forschung noch eine Knacknuss ist, daran zweifelte gewiss keiner der rund 100 Tagungsteilnehmenden, nachdem sie Fachreferate von Empa-Spezialisten und anderen Protagonisten gelauscht hatten, wie

  • «Die Bedeutung von neuen Antriebstechnologien und Treibstoffen in der Empa-Forschung» von Pierangelo Gröning, Direktionsmitglied Empa
  • «Recycling von Lithium-Batterien» von Rolf Widmer, Technologie und Gesellschaft
  • «Erdgas-Elektrohybridantriebe für Mittelklasse-PW» von Patrik Soltic, Verbrennungsmotoren
  • «Wasserstoff in der Mobilität» von Michael Bielmann, Wasserstoff und Energie
  • «Neue Antriebstechnologien und Treibstoffe in der Strategie des Opel-Konzerns» von Rittmar von Helmolt (Opel).

Abgerundet wurde das Tagungsprogramm mit einem Podiumsgespräch sowie der Möglichkeit, mit einigen der ausgestellten E-Fahrzeuge eine Testfahrt zu machen. Davon konnten übrigens auch Passanten profitieren, die zufällig vorbeikamen und so vielleicht erstmals mit Elektrofahrzeugen Bekanntschaft schliessen konnten. Damit wurde einer an der Veranstaltung geäusserten Aussage klar widersprochen: «Alles redet über E-Fahrzeuge, aber man sieht sie kaum.»

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©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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