„Double Solar Technology“ ist das Hybridsystem speziell für Wärme- Grossabnehmer der schwedische Firma Absolicon. Bild: Absolicon

Der sächsische Solaranbieter Solarhybrid hat ein Kombimodul speziell für den Einsatz auf Dächern konzipiert. Bild: Solarhybrid

Wärme und Stromproduktion mit dem Hybridmoduls 2Power Grafik: 2Power

PV und Thermie: Sonne im Doppelpack?

(©SR) Mit Modulen, die neben Strom auch Wärme für die Wasserbereitung oder die Heizung liefern, liesse sich knappe Dachfläche effizienter nutzen. Doch das Solarduo harmoniert noch nicht optimal. Die sogenannte Hybridtechnik setzt sich daher nur zögerlich durch.


Auf deutschen Dächern droht Gedränge. Bis 2020 will die Bundesregierung den Anteil des solar erzeugten Stroms am deutschen Strombedarf von drei auf zehn Prozent steigern. Gleichzeitig sollen Wärmekollektoren möglichst rasch die vielen veralteten Öl- und Gasheizungen in deutschen Kellern ersetzen. Die Frage ist nur, ob genug Platz für so viele Solaranlagen vorhanden ist? Es gäbe eine simple Lösung: Photovoltaik (PV)-Zellen wandeln nur etwa 15 Prozent der Sonnenstrahlung in Strom um, der Rest geht unnötig als Abwärme verloren. Würde die gesamte Energie der Sonne parallel genutzt, könnte die Effizienz des Solarsystems erheblich gesteigert und viel Fläche gespart werden. Also einfach Zellen und Kollektor in einen Glaskasten packen und die grosse Sonnenernte kann starten?

PV mag‘s kühl, Kollektoren mögen‘s heiss

Ganz so simpel ist die Sache allerdings nicht. Obwohl Wissenschaftler und Ingenieure schon lange an kombinierten Photovoltaik-Thermie (PVT)-Modulen forschen, hat sich die Technik bisher nicht auf dem Markt durchgesetzt. Das Problem: Werden PV und Thermie unter einer Glasscheibe vereint, stören sie sich gegenseitig. „Ein Wärmekollektor wird bei möglichst hohen Temperaturen betrieben, Photovoltaikzellen hingegen arbeiten um so besser, je kühler sie sind.“, erklärt der Physiker Michael Powalla vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Stuttgart. Daher könnten weder die Stromerzeugung noch die Wärmegewinnung optimal betrieben werden.

Besonders der Photovoltaik-Teil des Duos bereitet den Entwicklern Kopfzerbrechen. Die Solarstromerzeugung verringert sich mit zunehmender Temperatur etwa um ein halbes Prozent pro Grad Celsius. Bei 25 Grad Zellentemperatur und einer für Deutschland durchschnittlichen Einstrahlung von 1000 Watt pro Quadratmeter erreicht ein Standardmodul 200 Watt Leistung. Bei 90 Grad leistet es nur noch 135 Watt, also etwa ein Drittel weniger. Solch hohe Temperaturen herrschen in einem einfachen PV-Paneel nur selten im Hochsommer, in einem Wärmekollektor treten sie aber häufig auf. Schliesslich soll das Wasser im Speicher der Solarthermieanlage warm genug für das Duschen oder die Heizung sein.

Zu hei
ss für Zellen
Manchmal wird es in Kollektoren sogar noch viel heisser. Im Sommer hat der Warmwasserspeicher häufig bereits mittags seine Höchsttemperatur erreicht. Die Folge: Der Flüssigkeitskreislauf zwischen Speicher und Kollektor wird gestoppt, damit das Übermass an Wärme vom Dach das Wasser im Speicher nicht zum Sieden bringt. „In einem solchen Zustand der Stagnation herrschen im Kollektor bis zu 200 Grad“, sagt der Projektingenieur Alban Hessberger vom unterfränkischen Hybridmodul-Entwickler PA-ID. Bei diesen Temperaturen würden Photovoltaikzellen nur noch 12,5 Prozent ihrer Nennleistung bringen – und das zu einer für die Sonnenstromgewinnung optimalen Zeit.

Die Flächenrechnung geht nicht auf

Zu dem Hitzeproblem kommt die Platzfrage. Sonnenstromanlagen sind dank der attraktiven Einspeisevergütung meist so ausgelegt, dass sie mehr Strom produzieren als der jeweilige Haushalt verbraucht. Eine typische Photovoltaikanlage auf einem deutschen Einfamilienhaus leistet fünf Kilowatt (kW) und hat eine stattliche Fläche von etwa 50 Quadratmetern. Wärmekollektoren benötigen dagegen nur ein Drittel dieser Fläche, denn ihre Grösse richtet sich nach dem Wärmebedarf des Haushalts. So benötigt eine Solarthermieanlage zur Heizungsunterstützung etwa vier Quadratmeter Kollektorfläche pro Person, bei einem Vier-Personen-Haushalt also 16 Quadratmeter. In dieser Konstellation wäre es kontraproduktiv, das gesamte Dach mit PVT-Platten zu bestücken. „Die Temperatur in den Kollektoren würde wegen der geringen Wärmeabnahme steigen und die Stromproduktion mindern“, sagt Matthias Rommel, Leiter des Instituts für Solartechnik der Schweizer Hochschule für Technik.

Für Kranken- oder Mehrfamilienhäuser
Ist die Hybrididee damit zum Scheitern verurteilt? Rommel glaubt trotz der Schwierigkeiten an eine Zukunft des Solarduos. „Für Kranken- oder Mehrfamilienhäuser könnte die Technik interessant sein“, so seine Einschätzung. Auf den Dächern dieser Gebäude liessen sich Hybridmodule bei niedrigen Temperaturen betreiben, weil stetig heisses Wasser benötigt wird und damit die durch die Kollektoren zirkulierende Wärmeträgerflüssigkeit relativ kalt ist. So blieben die Zellen kühl und ihre Effizienz hoch.

Double Solar Technology

Ein solches Hybridsystem speziell für Wärme- Grossabnehmer bietet die schwedische Firma Absolicon an. Bei der „Double Solar Technology“ bündelt eine der Sonne nachgeführte, halbkreisförmige Parabolrinne das Licht in zehnfacher Konzentration auf ein wärmeabsorbierendes Rohr in der Mitte des Kollektors. Die darin zirkulierende Solarflüssigkeit überträgt ihre Wärme auf das Brauch- oder Heizwasser und kühlt danach die Solarstromzellen auf der lichtzugewandten Aussenseite des Absorberrohres. „Die Zielgruppe sind Kommunen, die Fernwärme und Strom erzeugen wollen, oder Betriebe wie Hotels mit hohem Warmwasserbedarf“, sagt Firmenchef Joakim Byström. 25 PVT-Anlagen hat Absolicon nach eigener Aussage bereits weltweit installiert, die letzte und mit 200 Quadratmetern bisher grösste unterstützt das biomassebefeuerte Fernwärmesystem der schwedischen Stadt Härnösand. Im Sommer steuert das System bei einer Wärmeleistung von 100 kW immerhin fünf Prozent der Wärmeleistung bei und erzeugt 20 Kilowatt Strom, der ins öffentliche Netz eingespeist wird.

Trotz dieser Daten ist die schwedische Parabolrinne damit noch ein gutes Stück entfernt von einem idealtypischen Hybridsystem, in dem beide Solarteile genauso gut funktionieren wie zwei getrennte Systeme. Die Photovoltaik spielt im Konzept der Schweden nur eine Nebenrolle und erreicht mit 100 Watt pro Quadratmeter Modulfläche weniger Leistung als ein normales Standard-PV-Modul, das auf gleicher Fläche auf 125 Watt produziert. Zudem passt die Parabolrinne nur schwer auf geneigte Häusdächer und hilft somit nicht beim Flächensparen.

Hybrides Dilemma

Der sächsische Solaranbieter Solarhybrid hingegen hat ein Kombimodul speziell für den Einsatz auf Dächern konzipiert. Aufgebaut ist es wie ein herkömmlicher Wärmekollektor und nutzt zur Warmwasserproduktion den Treibhauseffekt in der Luftkammer zwischen Frontglas und Absorber. Allerdings können die hohen Temperaturen im Glaskasten leicht die Zellen stören, die in Dreier- oder Viererreihen innen an die Abdeckscheibe laminiert sind. Akute Überhitzungsgefahr besteht besonders dann, wenn zu wenig Wärme abgenommen wird. „Wir legen die Speichergrösse deshalb exakt nach dem Tageswärmebedarf eines Haushalts aus“, sagt Solarhybrid-Technikchef Peter Tyrra. Ist der Speicher abends dennoch voll, etwa weil keiner geduscht hat oder die Bewohner im Urlaub sind, muss die zuvor gesammelte Energie wieder aus dem System entfernt werden. Dazu überträgt in der Nacht ein Wärmetauscher einen Teil der gespeicherten Wärme an die Solarflüssigkeit, die durch die Kollektoren gepumpt und dabei durch die Aussenluft abgekühlt wird. „So schaffen wir Platz für den nächsten Tag.“

Allerdings bringt diese Art der Photovoltaik-Kühlung auch Nachteile mit sich: Einerseits verbraucht das nächtliche Pumpen zusätzlichen Strom, andererseits wird Energie ungenutzt in die Nacht abgegeben. Und das alles für einen relativ kleinen Anteil an erzeugtem Sonnenstrom. Das leistungsstärkste Kombimodul des Herstellers mit 2,51 Quadratmetern Fläche erreicht gerade mal 193 Watt, also rund 77 Watt pro Quadratmeter – gut ein Drittel weniger als ein normales Photovoltaik-Modul. Interessenten müssen daher genau rechnen, ob sich die neue Technik für sie lohnt. Anders als reine Kollektoranlagen erhalten Hybridmodule trotz ihrer solarthermischen Komponenten keine Förderung über das Marktanreizprogramm des Bundes. Die Einspeisevergütung für Solarstrom nach dem EEG muss also reichen, um die Systemkosten und die fehlenden Zuschüsse zu kompensieren.

Optimierung der Stromgewinnung

Andere Anbieter von Hybridkollektoren wie PA-ID, Anafsolar aus dem italienischen Pavia oder das Solarzentrum Allgäu konzentrieren sich daher auf die Optimierung der Stromgewinnung. „Es geht um die Steigerung des elektrischen Gewinns“, sagt PA-ID-Ingenieur Hessberger. Die dem Licht zugewandte Front des von seinem Unternehmen produzierten Hybridmoduls 2Power ist komplett mit kristallinen Silziumzellen bedeckt. Die Rückseite des Sonnenfängers funktioniert als Wärmetauscher, durch den ein Kühlmedium strömt, das die Wärme der Zellen aufnimmt und an das Wasser in einem Speicher abgibt. Zusätzlich verzichtet PA-ID auf die für Thermiekollektoren typische Luftkammer, um weniger Hitze zuzulassen. „Die Temperatur im Modul steigt daher kaum über 60 Grad“, erklärt Hessberger. Durch die Kühlung bleibe der Wirkungsgrad der Zellen stabil und der Stromertrag steige bei einer Anwendung zur Brauchwassererwärmung um mindestens drei Prozent.

Doch auch PA-ID steckt im Hybrid-Dilemma: Es optimiert die eine Seite und muss dafür auf der anderen auf Leistung verzichten. Mit 330 Watt pro Quadratmeter erreicht das Kombimodul nur etwa zwei Drittel der Wärmeleistung eines üblichen Thermiekollektors. Zudem werden wegen der Kühlung der Solarstromzellen nur geringe Temperaturen von 40 bis 50 Grad zur Wassererwärmung erzeugt.

Dreifachhybridlösungen
für höhere Temperaturen
Wer höhere Temperaturen benötigt, müsste das PVT-Modul mit einer zusätzlichen Wärmepumpe mit Erdsonde verbinden. „Dadurch kann aus wenigen Grad im Kollektorkreislauf 60 Grad im Heizkreislauf werden“, sagt Hessberger. Theoretisch liesse sich mit einer Wärmepumpe auch die Stromausbeute verbessern. Denn ein Wärmepumpensystem mit Erdsonde arbeitet auf einem niedrigen Temperaturniveau bei niedrigen Plusgraden. Entsprechend kalt ist die Solarflüssigkeit im Hybridmodul, was für eine gute Kühlung der Solarzellen sorgt. „Die Stromerträge erhöhen sich so um 15 Prozent“, erklärt Hessberger.

Solche Dreifachhybridlösungen mit Wärmepumpe böten laut Hersteller sogar die Möglichkeit, die Sonnenwärme des Sommers im Erdreich zwischenzulagern und im Winter zum Heizen zu nutzen. Doch abgesehen vom Platzbedarf und den umfangreichen Bohrarbeiten, die dafür nötig sind – Sonden und Speicher müssen in der Erde untergebracht werden – macht eine zusätzliche Wärmepumpe die ohnehin komplexe Hybridtechnik noch komplizierter. Und sie treibt den Preis: Die Wärmepumpe, der dafür notwendige Strom sowie die Regelung sind nicht zum Nulltarif zu haben.

©Text: Sascha Rentzing

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