Das Potenzial der Erneuerbaren als Energieformen der Zukunft ist hoch.

Olivier Bucheli, Gründer und Geschäftsführer der HTceramix SA in Yverdon

Patrick Richter, Gründer und CEO der Agile WindPower AG in Ossingen

Abbildung 2: Was hat die Teilnahme an dem öffentlich geförderten F&E Projekt für Ihr Unternehmen gebracht?

Abbildung 3: Von wem wurde Ihr F&E-Projekt gefördert?

Abbildung 4: Weshalb hat Ihr Unternehmen noch nicht an einem öffentlich geförderten F&E Projekt teilgenommen?

Fördergelder für innovative Unternehmen

(MK, JM) Nationale und EU-Förderprogramme für technologische Innovationen und Produkte bieten Unternehmen vielfältigen Nutzen für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die Vorteile einer Teilnahme gehen dabei klar über die Finanzierungsmöglichkeiten hinaus. Das zeigt eine Masterarbeit von Manuel Kaar.


Der weltweite Energieverbrauch steigt ungebremst an. Der Ruf nach alternativen Formen der Energieerzeugung wird lauter. Japans aktuelle Nuklear-Katastrophe hat erneut gezeigt, wie verwundbar das globale Energiesystem ist.

Die Nutzung erneuerbarer Energieformen wie Solar- oder Windkraft nimmt stetig zu. So sagt etwa die Internationale Energieagentur dem globalen Solarmarkt ein jährliches Wachstum von 17 Prozent bis 2020 voraus, während der Global Wind Energy Council eine Verzehnfachung der weltweiten Kapazität an Windstrom im selben Zeitraum erwartet. In der Schweiz könnten gemäss dem Fachverband für Sonnenenergie Swissolar bereits heute 30 Prozent des Strombedarfs alleine mit Sonnenenergie abgedeckt werden, würde das Potenzial für Solaranlagen auf bestehenden Gebäuden genutzt.


Schweizer Innovationen sind gefragt
Damit diese Szenarien eintreten, braucht es innovative Entwicklungen. Schweizer Spitzentechnologie nimmt hierbei eine wichtige Rolle ein, und bereits heute sind hiesige Unternehmen im globalen Kontext weit vorne dabei, wenn es um die Erforschung und Entwicklung alternativer Energieformen geht. So sind etwa viele Unternehmen insbesondere aus der Photovoltaik und Windenergie weitgehend im Ausland tätig und somit international hervorragend vernetzt. Firmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), stehen dabei jedoch vor einer Herausforderung: die Entwicklung neuer Technologien ist in der Regel mit hohen Investitionen verbunden.

Fördermittel als Chance
Öffentliche F&E-Förderprogramme können hier Abhilfe schaffen. Auf nationaler Ebene bieten das Bundesamt für Energie (BFE) sowie die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) den Unternehmen verschiedene Möglichkeiten an Projekten zur Entwicklung neuer Technologien im Bereich Erneuerbarer Energien teilzunehmen. International können sich Schweizer Unternehmen als Partner in Projekten des 7. Forschungsrahmenprogrammes der Europäischen Union (7. FRP) einbringen. Für entwicklungsorientierte KMU ist ausserdem Eurostars, das Förderprogramm der europäischen Forschungsinitiative EUREKA, sehr attraktiv.

Eine Teilnahme an öffentlichen Förderprogrammen bietet Unternehmen vielfältigen Nutzen. Die klassische (Ko-)Finanzierung von F&E-Projekten stellt für viele die primäre Motivation dar, sich um öffentliche Gelder zu bewerben. Meist handelt es sich dabei um die Entwicklung eines Prototyps oder um Demonstrationsprojekte, welche dem Unternehmen durch neu gewonnene Erkenntnisse einen entscheidenden Vorteil im Markt verschaffen können. Somit stärkt die Teilnahme am Projekt üblicherweise die Wettbewerbsfähigkeit und reduziert ausserdem die anhaftenden Risiken für das Unternehmen.

Mehr als Geld
Neben den finanziellen Aspekten bringt eine Teilnahme jedoch auch eine Reihe weiterer Vorteile, welche von den Unternehmen vielfach erst während des Projektes und danach erkannt werden. Wie eine wissenschaftliche Arbeit an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) kürzlich ergab, spielen mittelfristig indirekte Auswirkungen eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie direkt messbare Ergebnisse (Abbildung 2). Im Rahmen dieser Arbeit wurden im November 2010 mehr als 300 KMU aus dem Bereich Erneuerbarer Energien in der Deutschschweiz zum Thema Innovationsförderung befragt. Gemäss den 47% beantworteten Fragebögen verfügen 46 Firmen bereits über Erfahrung auf dem Gebiet der öffentlichen F&E-Förderung.

Für einen Grossteil der Unternehmen führte die Teilnahme zu einer Steigerung des Bekanntheitsgrades und zu verbesserter Reputation. "Diese auf den ersten Blick nebensächlichen Effekte einer Teilnahme sind vor allem auf die enge Zusammenarbeit mit wichtigen Forschungseinrichtungen und anderen Unternehmen während des Projekts zurückzuführen, und haben oft noch lange Zeit nach dem Ende des Projekts positive Auswirkungen auf das Unternehmen", so Manuel Kaar, der Initiator der Befragung. Die Zusammenarbeit resultiere in der Regel in langfristige Kooperationen und Folgeprojekte mit den jeweiligen Projektpartnern, so Kaar. Ähnlich verhält es sich mit dem firmeneigenen Netzwerk. Die Teilnahme am Projekt erlaubt vielen Unternehmen ihr Netzwerk nachhaltig zu erweitern, was wiederum ihre Position im Markt stärkt.

Beliebte Förderinstitutionen
Gemäss der Befragung nutzen Schweizer KMU im Bereich Erneuerbarer Energien überwiegend die Angebote nationaler Förderstellen (Abbildung 3). Besonders beliebt sind Förderprogramme des BFE sowie der KTI. Das BFE stellt eine Ausnahme in der Schweizer Förderlandschaft dar: Unternehmen können hier direkte finanzielle Zuschüsse für ihre Entwicklungsprojekte erhalten. Bei anderen Förderagenturen werden die projektspezifischen F&E-Leistungen des Hochschulpartners unterstützt.

Ein weiterer Grund für die starke Orientierung auf nationale Förderprogramme liegt darin, dass teilnehmende Organisationen selbst das Thema ihres F&E-Projekts bestimmen können. Bei europäischen Forschungsprogrammen hingegen ist der Fokus des Projekts vielfach von der EU vorgegeben.

Hürden meistern
Um von öffentlichen Geldern zu profitieren, müssen Unternehmen häufig jedoch zuerst kleinere Hürden überwinden. Gemäss der wissenschaftlichen Arbeit an der FHNW schätzt ein grosser Teil der 100 befragten KMU ohne Fördermittel-Erfahrung den Aufwand einer Teilnahme von vorne herein als zu hoch ein (Abbildung 4). Hier gilt es zwischen nationalen und EU Förderprogrammen zu unterscheiden. Während auf europäischer Ebene der administrative und somit zeitliche Aufwand sehr hoch sein kann, ist die Teilnahme an national geförderten Projekten meist unbürokratischer als gedacht. „Mit professioneller Unterstützung und EU-projekterfahrenen Partnern lässt sich der Effort enorm reduzieren“, sagt Dr. Jeanette Müller, CEO der accelopment AG, einem auf Förderpogramme spezialisierten Beratungsunternehmen und Partner in mehreren EU-Projekten.

Viele Unternehmen geben an, nicht ausreichend über bestehende Fördermöglichkeiten informiert zu sein. Unklar ist oftmals, welches das richtige Förderprogramm für ihr spezifisches Projekt ist, und wie sich die genauen Teilnahmebedingungen darstellen. Hier sollten Unternehmen den ersten Schritt tun und das Gespräch mit den Förderagenturen oder professionellen Dienstleistern wie dem energie-cluster.ch oder accelopment suchen. Meist ermöglicht bereits ein kurzes Telefonat mit einem Experten des BFE oder der KTI eine erste Einschätzung darüber, ob ein Projekt förderwürdig ist oder nicht.

Unternehmer berichten
Olivier Bucheli, Geschäftsführer des auf Hochtemperaturkeramik für die Energiewandlung spezialisierten Hightech-Unternehmens HTceramix SA (HTc), hat die forschungsintensive Firma vor zehn Jahren gegründet und seitdem zu einer weltweit tätigen Firma gemacht. Dank der erfolgreichen Teilnahme an EU-Förderprogrammen kann die HTc ihre F&E-Aktivitäten forcieren, sich international vernetzen und wettbewerbsfähig bleiben.

HTc zählt zu den innovativsten Unternehmen im Bereich von Technologien zur Energiegewinnung aus Wasserstoff. Basierend auf dem Prozess der Elektrolyse soll nun eine kostengünstigere und nachhaltige Produktion von Wasserstoff entwickelt werden. Da die Entwicklung der neuen Technologie teuer ist und noch ein paar weitere Jahre bis zur Marktreife braucht, ist die HTc auf externe Geldgeber angewiesen. Wichtig für Bucheli ist, dass er neben seinen bestehenden Investoren auch nationale und europäische Förderprogramme nutzt und im international geprägten Marktumfeld bestens vernetzt ist. Aus den derzeit mehr als 200 Förderprogrammen der Europäischen Union ist die Joint Technology Initiative „Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking“ (FCH-JU), Teil des 7. FRP, das für die HTc passendste Programm. 2009 nahm Bucheli mit seinem Unternehmen gleich an sieben Projektanträgen für die FCH-JU teil, wovon er einen sogar selbst koordinierte. Sämtliche von ihm eingereichten Bewerbungen wurden von unabhängigen Experten positiv bewertet und werden nun von der EU gefördert. Anfang 2011 fiel der Startschuss für die Projekte.

Für Patrick Richter, Geschäftsführer der kürzlich gegründeten Agile Wind Power AG (AWP), spielen Förderprogramme und –fonds eine entscheidende Rolle, um die Entwicklung seiner neuartigen und hoch leistungsfähigen Windkraftturbine zu (ko-)finanzieren.

Sein Zürcher Start-up erhielt kürzlich eine substanzielle Förderung durch den Klimafonds der Stadtwerke Winterthur, welche es ihm nun ermöglicht, die Fabrikation eines wesentlichen Teils des Prototyps bis zum Sommer 2011 umzusetzen. Für die anschliessende Entwicklung bis zur Serienreife sind weitere Investitionen erforderlich, die Richter über private und institutionelle Investoren sowie öffentliche Förderprogramme sichern will. Auch wenn die meisten nationalen Programme Studien finanzieren, also Forschung, und seltener Entwicklung, spielen Fördermittel für ihn eine bedeutende Rolle, da es sich in der Regel um nicht rückzahlbare Zuschüsse handelt und diese die „time-to-market“ erheblich reduzieren können.

Fazit
Öffentlich geförderte F&E-Projekte bieten KMUs vielfachen Nutzen: von der Projektfinanzierung bis hin zu langfristigen Kooperationen. In europäischen Förderprogrammen können durch die Teilnahme zwischen 40 und 100% der Kosten eines konkreten F&E-Projekts gedeckt werden. Für eine stärkere Beteiligung von Schweizer Unternehmen an solchen Projekten und zur Überwindung bestehender Hürden sind zielgerichtete Informationen und pragmatischer Support dringend erforderlich.

Zur Bestellung der Masterarbeit  in gedruckter Form oder als e-Book>>

Text: Manuel Kaar und Jeanette Müller

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert