Fukushima: Offizielle Einstufung auf INES-Stufe 7– mehr Radioaktivität als in Tschernobyl?

(ee-news.ch) Die japanischen Behörden haben die Atomkatastrophe in Fukushima auf der INES-Stufe 7 (gleich wie die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl) eingestuft. Stufe 7 bedeutet schwerste Freisetzung mit Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in einem weiten Umfeld, das melden heute sowohl SR DRS und Greenpeace Schweiz. Greenpeace hat bereits am 23. März gefordert, den AKW-Unfall auf 7 einzustufen.


Die Katastrophe gelte damit in Bezug auf die Folgen als so schwerwiegend wie der Super-GAU von Tschernobyl, erklärt SR DRS. Die japanische Aufsichtsbehörde NISA schätzten jedoch, dass bisher rund 10% der Radioaktivitätsmenge von Tschernobyl an die Umwelt abgegeben wurde. Gemäss SR DRS und Greenpeace Schweiz befürchtet Tepco hingegen, dass die Menge an Radioaktivität diejenige von Tschernobyl erreiche oder übersteige.

Auch künftige Folgen einbezogen
Die höchste Warnstufe auf der sogenannten Ines-Skala wurde bisher nur nach dem Super-Gau am AKW in Tschernobyl 1986 erreicht. Gemäss SR DRS sei der Leiter des Lehrstuhls für Reaktorsicherheit und -technik an der RWTH Aachen, Professor Hans-Josef Allelein, dennoch weiter der Ansicht, dass der Unfall im Nordosten Japans noch nicht ganz so gefährlich sei wie Tschernobyl. Er und andere Fachleute wiesen auf einen grossen Unterschied hin: 1986 habe es in der Ukraine - anders als in Japan - eine heftige Explosion gegeben, die das radioaktive Material hoch in die Atmosphäre geschleudert habe. «Mit der unschönen Konsequenz, dass wir verhältnismässig hohe Werte auch über Europa weit verstreut gemessen haben und teilweise immer noch messen.» In Japan seien dagegen noch rund 90 Prozent der radioaktiven Stoffe in den Anlagen und könnten möglicherweise grösstenteils sicher eingeschlossen werden. Das berichtet SR DRS


Super-G
au klein geredet
Greenpeace hatte die Einstufung auf Stufe 7 bereits am 26. März gefordert und ihre Forderung wissenschaftlich belegt. Greenpeace Schweiz schreibt: „Die Geschichte der Nuklearindustrie zeigt einmal mehr, wie die humanitären Folgen von atomaren Katastrophen im In- wie auch Ausland bewusst klein geredet und als Folge Schutzmassnahmen zu spät getroffen werden. Erst einen Monat nach Beginn der Katastrophe wird der Unfall als das eingestuft, was er ist: ein Super-GAU. Und immer noch wird in Fukushima Daiichi darum gekämpft, die havarierten Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Die Katastrophe ist noch lange nicht ausgestanden. Nach einem erneuten schweren Erdbeben brach im Reaktor ein Feuer aus und die Kühlung war für 50 Minuten unterbrochen, die meisten Brennstäbe standen offenbar erneut frei.“ Greenpeace ruft die japanische Regierung zu weiteren Schutzmassnahmen für die betroffene Bevölkerung auf. So zum Beispiel die Evakuierung von Kindern und schwangeren Frauen aus den dicht besiedelten Gebieten wie Fukushima City und Koriyama.

Stufe 7: «Schwerste Freisetzung»
Die Anhebung auf die Ines-Gefahrenstufe 7 («Schwerste Freisetzung») bedeutet, dass es Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in einem weiten Umfeld gibt. Japan hatte vor diesem Schritt lange gezögert, den neben Greenpeace auch andere Experten schon früher gefordert hatten. SR DRS berichtet, alle Kriterien für die Warnstufe 7 seien erfüllt, erläuterte jetzt Horst May, Sprecher der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit: «Nur über mögliche gesundheitliche Spätschäden lässt sich noch nichts sagen.»

Erste, provisorische Schätzung der kumulierten externen Strahlung
Greenpeace Schweiz berichtet, die japanischen Behörden hätten eine erste, provisorische Schätzung der kumulierten externen Strahlung veröffentlicht. Im 20-Kilometer-Radius zwischen 1 bis über 100 Millisievert. Im 30-Kilomter-Radius unter 50 Millisievert. Gewisse Zonen ausserhalb des 30-Kilometer-Radius hätten den Grenzwert von 1 Millisievert ebenfalls überschritten. Bei dieser Einschätzung sei anzufügen, dass die interne Konzentration über Trinkwasser oder Lebensmittel nicht mit eingerechnet werde.

Text: ee-news.ch, Quellen: SR DRS, Greenpeace Schweiz

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