Fukushima und Onagawa: einerseits weiter kritisch, andererseits Entwarnung

(ee-news.ch) Gemäss Greenpeace Schweiz und SR DRS hat das schwere Nachbeben in der Nacht auf den Freitag möglicherweise die Becken für abgebrannte Brennelemente im Atomkraftwerk Onagawa beschädigt. Nach Angaben des Betreibers Tohoku Electric Power ist bei allen drei Reaktoren von Onagawa radioaktives Wasser ausgelaufen. In Fukushima ist die Lage weiterkritisch. SR DRS berichtete, dass 60 Kilometer von Fukushima im Boden zum Teil vergleichbare Werte gefunden worden seien, wie im Sperrgebiet von Tschernobyl.


Es soll sich aber nur um wenige Liter handeln und eine erhöhte radioaktive Strahlung sei rund um die Anlage nicht gemessen worden, heisst es. Nach dem schweren Erdbeben in Japan sind im abgeschalteten Atomkraftwerk Onagawa mehrere Lecks entdeckt worden. In allen drei Reaktoren sei Wasser auf den Boden geschwappt, teilte der Betreiber Tohoku Electric Power mit. Rund um den Meiler sei aber keine erhöhte Strahlung gemessen worden.

Kühlung der Brennelemente kurzzeitig ausgesetzt
Nach dem heftigsten Nachbeben seit der Katastrophe am 11. März waren in dem AKW zwei der insgesamt drei äusseren Stromversorgungen ausgefallen. Das Kraftwerk ist seit dem verheerenden Erdbeben und dem Tsunami vor vier Wochen zwar abgeschaltet. Die Brennelemente müssen aber weiter gekühlt werden. Dafür wird Strom gebraucht. Die Kühlung habe kurzzeitig ausgesetzt, funktioniere aber wieder, berichtete der Sender. Eine übriggebliebene externe Energiequelle versorge die Anlage ausreichend.

Fukushima: Detaillierter Überblick
Gemäss SR DRS ist die Liste der der Probleme in Fukushima immer noch sehr lang. Die Arbeiter kämpften immer noch gegen das verstrahlten Wasser, das beseitigt werden müsse, um weitere wichtige Arbeitsschritte unternehmen zu können. Immer noch gelte die 20 km-Sperrzone. Da aber an verschiedenen Orten im Boden bis 60 km entfernt von Fukushima erschreckend hohe Radioaktivität gemessen werde, überlege die Regierung, ob die Zone doch erweitert werden müsse. Die Messungen hätten Werte wie in der Sperrzone von Tschernobyl angezeigt.

Auch auf SR DRS wurde ein Gespräch mit dem japanischen Botschafter in Bern ausgestrahlt.

 

Die deutsche Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) in Köln gibt regelmässig einen Überblick über die Situation der insgesamt sechs Reaktorblöcke in der Atomruine Fukushima heraus. Basis sind japanische Regierungsangaben sowie Mitteilungen des Betreibers Tepco. Der Stand vom Freitag:

  • In BLOCK 1 sind Reaktorkern und Brennstäbe beschädigt und die Kühlsysteme ausgefallen, der Sicherheitsbehälter ist aber intakt. Das Reaktorgebäude war von einer Wasserstoffexplosion schwer beschädigt worden. Es wird Kühlwasser mit Hilfe einer elektrischen Pumpe eingespeist. Auch in das Abklingbecken für verbrauchte Brennstäbe wurde Frischwasser eingespeist. Das Grundwasser bei Block 1 ist nach Tepco-Angaben stark verstrahlt: 10‘000-fach erhöhte Werte von Jod-131 seien im Wasser entdeckt worden. Seit Donnerstag wird Stickstoff in das Reaktorgehäuse gefüllt. Das Gas soll das brisante Luftgemisch im Innern verdünnen und so verhindern, dass es zu neuen Wasserstoff-Explosionen wie kurz nach der Havarie kommt.
  • Bei BLOCK 2 vermuten die Experten ein Leck im Sicherheitsbehälter (Containment). Reaktorkern und Brennstäbe sind beschädigt, auch das Reaktorgebäude hat leichte Schäden. Das stark verstrahlte Wasser im benachbarten Turbinengebäude hatte vermutlich direkten Kontakt zu geschmolzenem Kernbrennstoff. Tagelang sickerte die stark verstrahlte Brühe unkontrolliert ins Meer. Nach mehreren vergeblichen Versuchen wurde der Riss am Mittwoch mit Flüssigglas abgedichtet. Verstrahltes Wasser, dass sich im Turbinenraum von Block 2 befindet, kann zunächst nicht abgepumpt werden, weil es an Tanks fehlt.
  • BLOCK 3 gilt als besonders gefährlich, weil er Brennstäbe mit Plutonium-Uran-Mischoxid (MOX) benutzt. Plutonium ist nicht nur radioaktiv, sondern auch hochgiftig. Auch in Block 3 sind Reaktorkern und Brennstäbe beschädigt sowie die Kühlsysteme ausgefallen. Das Reaktorgebäude wurde durch eine Wasserstoffexplosion zerstört. Der Sicherheitsbehälter ist womöglich noch intakt.
  • Im Kern von BLOCK 4 waren zum Zeitpunkt des Erdbebens keine Brennstäbe. Kritisch ist jedoch die Lage im Abklingbecken, das nur noch sehr wenig Kühlwasser enthielt. Dieses niedrige Wasserniveau besteht fort, es wird weiter Meerwasser eingespritzt. Die heissen Brennelemente müssen gekühlt werden.
  • BLOCK 5 und BLOCK 6 sind heruntergefahren worden und haben den Status kalt und unterkritisch erreicht. Sie gelten damit als gesichert. Die Stromversorgung steht, auch in den Abklingbecken wird ausreichend gekühlt. In den Dächern wurden Lüftungslöcher geschaffen, um Wasserstoff-Explosionen zu vermeiden.

Text: ee-news.ch, Quellen: Greenpeace Deutschland und Schweiz

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