Fukushima: Weisser Rauch ein Zeichen für Besserung?

(ee-news.ch) In Japans Atomanlage Fukushima 1 versuchen gemäss SR DRS die verbliebene Notmannschaft und das Militär mit allen Mitteln, die Kraftwerksruine zu kühlen. Das Militär liess tonnenweise Wasser auf den Reaktor 3 ab - zunächst mit Helikoptern, später aus Wasserwerfern. Inzwischen wurden aus Fukushima über 200'000 Menschen evakuiert.


Gemäss Greenpeace wertet auch Tepco, die Betreiberfirma, den weissen Rauch als Erfolg. Sollte es sich tatsächlich um Dampf handeln so wäre es ein Zeichen, dass die Kühlung wieder eingesetzt hat. Ab Morgen sollen Löschflugzeuge zum Abwurf von Wasser eingesetzt werden. Diese können mehr Wasser abwerfen als die Hubschrauber. Auch ist die Besatzung dabei weniger lang der Strahlung ausgesetzt. Die bisherigen Hubschraubereinsätze konnten die Strahlung nicht senken.

Grosse Sorge auch um Blöcke 1, 2 und 4
Auch der Zustand der anderen Reaktoren gibt weiter Anlass zu grosser Sorge. Gemäss SR DRS gehen Experten davon aus, dass am Block 4 die nächsten zwei Tage entscheidend sein könnten. Dort lägen die Brennstäbe ausserhalb der stählernen Schutzhülle offen in einem Abklingbecken, dessen Wasser verdampft. Da das Gebäude beschädigt seien, berichtet Greenpeace, hätten die Brennstäbe direkten Kontakt zur Umwelt.


«Am wichtigsten ist jetzt, grosse Wassermengen auf die Reaktorblöcke 3 und 4 zu schütten, vor allem um die Kühlbecken zu füllen», sagte ein Sprecher der nationalen Agentur für Atomsicherheit der Nachrichtenagentur Kyodo. Auf Satellitenfotos war zudem zu sehen, dass auch über Block 2 erneut Rauch aufstieg. Bei diesem Reaktor hatte es am Dienstag eine Explosion und einen schweren Brand gegeben. Dabei war auch die innere Hülle, das so genannte Containment beschädigt worden. Das verschärfte die Gefahr durch diesen Block.

Trotz grosser Gefahr freiwillige Helfer
Trotz der offensichtlichen Gefahr gelang es Tepco gemäss Greenpeace offenbar, etwa 20 Freiwillige zu rekrutieren. Nach einem Aufruf des Unternehmens hätten sich sowohl Firmenmitarbeiter als auch Mitarbeiter anderer Unternehmen gemeldet. Die Freiwilligen werden sich massiven Strahlenbelastungen auszusetzen haben, die schwerste gesundheitliche Folgen bedeuten können. Mindestens 20 Tepco-Mitarbeiter wurden gemäss IAEA bisher verstrahlt. Mehrere davon schwer.

Logistik in der Evakuationszone komplett zusammengebrochen
Am Mittag meldete Greenpeace, dass die Logistik in der Evakuationszone komplett zusammengebrochen sei. Die Versorgung der rund 560'000 Menschen in den 2600 Notunterkünften sei praktisch unmöglich, weil es an Treibstoff für die Hilfskonvois mangelt. Es fehlt an Wasser, Essen, Decken und allen sanitären und hygienischen Artikeln. Die Folgen davon würden sich auch langfristig auswirken, denn wegen der Mängel erführen kontaminierte Menschen keine strahlenschutzkonforme Behandlung, wie abduschen, waschen, Kleiderwechseln.

Strahlwerte in Tsunami-Gebieten angestiegen
Die Situation der Menschen in den vom Tsunami betroffenen Gebieten hat sich auch gemöss Greenpeace ebenfalls zusätzlich verschärft. Auch hier fehlten die Hilfsgüter; zudem litten die Menschen extrem unter den winterlichen Temperaturen. Hinzu komme, dass auch hier die Strahlenwerte langsam stiegen. Derzeit lägen die Messwerte zwischen 5 - 670 MicroSv/h.

Yukija Amano, Chef der internatinalen Atombehörde (IAEA), flog am Mittag zu einem kurzen Augenschein nach Japan. Die Situation ist nach Einschätzung der IAEA "sehr ernst".

Ausländer verlassen Japan
Greenpeace teilt mit, dass Hongkong seine Bürgerinnen und Bürger aufgerufen hat Tokyo zu verlassen. Die Fluggesellschaft Cathway Pacific hat zusätzliche Flüge eingesetzt um die Menschen auszufliegen. Grossbritannien bietet kostenlose Flüge für die Briten, die nördlich von Tokyo wohnen. Die französische Luftwaffe fliegt Bürger nach Seol aus. Frankreich schickt gleichzeitig Hilfsgüter nach Japan – unter anderem auch 95 Tonnen Bor, das helfen soll, die Reaktion in den Brennstäben zu verlangsamen.

Zusammenfassung des Newstickers von Greenpeace vom 17.3.10

Update 17.03.2011, 13:36

  • In Reaktor 3 von Fukushima I haben die Kühlmassnahmen bis jetzt nicht erhoffte Wirkung erzielt. Der Druck steigt weiter an und der Reaktor gilt als verloren. Verloren bedeutet, dass die Reaktorhülle definitiv beschädigt ist und eine Plutoniumkatastrophe droht.
  • Im Reaktor 4 können die Becken zurzeit nicht gefüllt werden. Der Wasserstand wird gemäss NISA als «unklar» bezeichnet. Brennstäbe liegen gemäss NISA trocken.
  • Die Reaktoren 1, 5 und 6 sind gemäss NISA relativ stabil.
  • Aufgrund der hohen Strahlung wurden die Rettungsmassnahmen unterbrochen. D.h. Wasserwerfer und Hubschrauber mussten sich zurückziehen. Auch können die Arbeiten an der Hochstromleitung und den Pipelines zurzeit nicht fortgesetzt werden.
  • Der Messwert im Umkreis von 1 Kilometer Entfernung vom Reaktor 3 beträgt jetzt 300mSV/h.

Wetteraussichten
Bis morgen Mittag ist mit leichten Südwinden zu rechnen. D.h. die Winde gehen in Richtung Pazifik und tragen somit die radioaktive Wolke aufs Meer hinaus. Die Windgeschwindigkeit ist mit 2-4 Knoten langsam. Das bedeutet, dass die Wolke sich nur langsam bewegt und die Durchmischung in der Luft gering ist.

Update 17.03.2011, 11:45

  • Reaktor 3: Das japanische Militär hat die Kühlaktionen per Helikopter abgebrochen, weil die Strahlung für die Besatzungen zu hoch ist. Die Abklingbecken erhitzen sich weiter. Die Gefahr des Trockengehens steigt weiter und wird in den nächsten acht Stunden erwartet.
  • Reaktor 4: Wasserwerfer der Polizei sollen die Abklingbecken auffüllen und die Erhitzung der ausgebrannten Brennelemente vermindern. Dies gelingt nur teilweise. Die eingesetzten Polizisten und Feuerwehrleute tragen zwar Schutzanzüge, doch ihre Überlebenschancen sind minimal.
  • Reaktoren 5 und 6: Die Betreiberfirma pumpt Wasser in die Reaktoren, doch die Situation ist weiter unklar. Es gibt Hinweise, dass ein fataler Kreislauf in gesetzt wurde wie zuvor bei den Reaktoren1, 2 und 3.
  • In Fukushima, das als total evakuiert gilt (ca. 200'000 Menschen), werden Cäsium und Jodwerte im Grund- und Trinkwasser gemessen.
  • Angehörige der US-Army dürfen sich ohne Spezialbewilligung den Reaktoren von Fukushima nicht mehr als 80 Kilometer nähern. Die Soldaten haben erhalten.


Neue Stromleitung

Update 17.03.2011, 10:00

  • In Japan konzentrieren sich die Hoffnungen der Rettungstruppen auf den Bau der neuen Stromleitung, die ein improvisiertes Meerwasser-Kühlsystem ermöglichen könnte. Gleichzeitig wird versucht, von  Helikoptern aus Wasser in den zerstörten Reaktor 3 zu werfen. Dies zeigt bislang aber wenig Wirkung: das Wasser verdampft bevor es den Reaktor erreicht.
    Schlechte Nachrichten auch zu Reaktor 4: Offenbar gehen die Zerstörungen weiter als bislang vermutet, und trotz widersprüchlicher Meldungen scheinen die Abklingbecken fast leer, weshalb neue Reaktionen unmittelbar bevorstehen könnten. In den Reaktoren 5 und 6 steigt die Temperatur weiter, ebenfalls der Druck. Gemäss inoffiziellen Meldungen ist auch Reaktor 6 betroffen.
  • Die einzige gute Meldung kommt von den Meteorologen: Sie versprechen zumindest für heute und bis morgen Mittag ablandige Winde, welche die Radioaktivität auf den Pazifik hinauswehen. Ab Freitag Mittag werden allerdings Nordwinde und Niederschläge erwartet, was die Fallout-Gefahr für Tokio wieder erhöht.
  • Die Messwerte auf dem Werksgelände sollen derzeit in Reaktornähe 400-500mSv/h Über dem AKW-Standort wird in rund 90m 4.13mSv/h gemessen. In den AKW von Tokai und Onagawa ist die Sitation gemäss neusten Meldungen unter Kontrolle.

Text: ee-news.ch, Quellen: SR DRS, Greenpeace

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1 Kommentare

Jordan Sera

Die Lage in dem Atomkraftwerk in Japan wird immer schlimmer und auf der ganzen Welt beten Leute für die Einsatzkräfte in Japan. Momentan macht die Meldung auf Twitter der Tochter eines Helfers die Runde: Ihr Vater hat sich freiwillig für den Helfereinsatz angemeldet und setzt so seine eigene Gesundheit für viele Menschen aufs Spiel. Jetzt gibt es <A href="http://www.actionforchange.org/was-wuerdest-du-tun/wuerdest-du-im-akw-fukushima-helfen/">hier</A> eine lesenswerte Diskussion, wie jeder selbst agieren würde. Würde der Mensch sein eigenes Leben riskieren für sehr viele unbekannter Menschen?

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